Hamburg. Die Top-25 bleiben das erklärte Ziel. Einen Aufstieg schließt dies jedoch nicht aus. Erste Maßnahmen dafür wurden bereits getroffen.

Schon am Wochenende will Fabian Hürzeler dort angekommen sein, wo er unbedingt hin möchte: ganz oben. Auch auf die Frage, wie er dorthin gelangen will, hat der Cheftrainer des FC St. Pauli eine Antwort parat: mit dem Mountainbike. Auf den Dächern der Alpen will Hürzeler im Urlaub kurz, wirklich nur ganz kurz, mal nicht an Fußball denken, Kaiserschmarrn essen, und dann? Mit der Sommerrodelbahn zurück ins Tal. Schussfahrt in den Keller? Abstieg für den Gipfelstürmer? Alles Schmarrn!

Denn obwohl der Fußball-Zweitligist laut Sportchef Andreas Bornemann keine Veranlassung sieht, vom Ziel, sich in den Top-25 Deutschlands zu etablieren, abzurücken, schließt dies Ambitionen keineswegs aus. „Der Aufstieg ist ein Thema, das mich begleitet. Jemandem mit meiner Vita etwas anderes zu unterstellen, wäre unzutreffend. Im Fußball ist man automatisch angreifbar, kann sich also auch mal aus dem Fenster lehnen. Aber es geht auch hier nur Schritt für Schritt“, sagt Bornemann bei der Saisonanalyse des Clubs. Hürzeler verdeutlicht: „Sich nur Ziele zu setzen, ist vergleichsweise einfach. Ich bin jemand, der diese Ziele auch erreichen möchte.“

St. Pauli zieht Kaufoption für Mets

Der Aufstieg in die Bundesliga ist allerdings nicht mit dem Mountainbike zu bewältigen, weswegen St. Pauli die Direttissima mit ersten sportlichen Schritten eingeläutet hat. So wird die Kaufoption für den in der Winterpause vom FC Zürich ausgeliehenen Innenverteidiger Karol Mets, wie das Abendblatt bereits vermeldet hatte, nun offiziell gezogen. Eine sich daraus ergebende Transferlawine ist jedoch nicht zu erwarten. Dies hat zwei Gründe.

Zum einen legt Bornemann, dessen Kader künftig ausschließlich Spieler beinhaltet, die er seit seiner Amtsübernahme im Sommer 2019 ausgesucht hat, Wert auf Kontinuität des Mannschaftskerns.

Ritzka potenzieller Paqarada-Nachfolger

Zum anderen soll das Budget allenfalls geringfügig steigen. Was auch bedeutet: Mit den vorhandenen Zutaten ein schmackhaftes Mahl zuzubereiten, ganz wie beim Kaiserschmarrn. Freilich sucht St. Pauli auch auf dem Spielermarkt nach einem Nachfolger für Linksverteidiger Leart Paqarada. Akteure dessen Güteklasse sind jedoch rar, „und ich sehe nicht, weswegen Lars Ritzka diese Rolle nicht einnehmen könnte“, sagt Bornemann.

„Lars hat sich super entwickelt“, sagt Hürzeler über den ewigen Reservisten. Alternativ könne auch Neuzugang Philipp Treu die linke Schiene besetzen. „Joao Cancelo spielt auch als Rechtsfuß links, Philipp Lahm hat das früher ebenfalls“, zog Hürzeler einen eher großspurigen Vergleich.

Hürzeler: System nicht so wichtig

Rund um den Urlaub herum – und, sind wir ehrlich, wahrscheinlich auch währenddessen – wird sich Hürzeler mit der Reanalyse der Saison befassen. „Ich werde mir jedes Spiel noch mal anschauen. Es gibt viel Arbeit, denn eine Übermannschaft waren wir auch in der Rückrunde nicht“, sagt der 30-Jährige. An seiner eingespielten 3-4-3-Formation müsse er nicht zwingend festhalten, so der Coach: „Ich arbeite mit Prinzipien. Das System ist dabei nicht so wichtig, sondern dass die jeweiligen Spielertypen ihr Potenzial entfalten können.“

Was künftig häufiger trainiert werden soll, ist das Endphasenverhalten für die Schlussminuten. Dabei können vermehrt lange Bälle gespielt werden, „unsere Idee für das gesamte Spiel wird das aber nicht. Ich möchte möglichst ohne Zufall Tore schießen“, sagt Hürzeler.

Medic könnte bei St. Pauli bleiben

Ob dieses Vorhaben mit einem neuen, klassischen Mittelstürmer, „einer mit Präsenz in der Box“, oder einem falschen Neuner á la Lukas Daschner, dessen Entscheidung über einen Verbleib auf St. Pauli aussteht, angegangen werden soll, klärt sich in den kommenden Wochen. Ein Fakt, auf den Bornemann verweist: Aufsteiger 1. FC Heidenheim hat trotz der Anwesenheit von Torschützenkönig Tim Kleindienst in der Rückrunde nur zwei Treffer mehr erzielt als die Hamburger, dafür aber zwei mehr kassiert.

In der unter Hürzeler sicheren Defensive wiederum sei selbst ein Verbleib von Jakov Medic – trotz im kommenden Sommer auslaufenden Vertrages und Interesse aus der Bundesliga – nicht ausgeschlossen. Die Transfererlöse für den Kroaten seien jedenfalls nicht eingeplant. „Jakov ist ein Topmann, da ist es kein Automatismus, ihn zu verkaufen. Stand jetzt bleibt er unser Spieler“, sagt Bornemann.

Fazliji will zurück in die Schweiz

Ein „Spezialfall“ ist dagegen Betim Fazliji. Der Sportchef bestätigte am Dienstag die Gerüchte über die Unzufriedenheit des Verteidigers und dessen Wunsch, zurück in seine Heimat in die Schweiz zu gehen. Nach Kenntnis dieser Zeitung möchte der FC St. Gallen, von dem der kosovarische Nationalspieler erst vergangenen Sommer nach Hamburg gewechselt war, Fazliji zurückholen.

Mit Mittelfeldakteur Carlo Boukhalfa, zuletzt nicht mehr im Kader, und Stürmer Johannes Eggestein, der sich jedoch hoch professionell verhält, sind zwei weitere Zugänge des Vorsommers nicht vollumfänglich glücklich.

Trainingsbeginn am 19. Juni

Anders sieht das bei den Leistungsträgern aus: Während der abgelaufenen Saison wurde mit Jackson Irvine und Eric Smith mit zwei Hochkarätern verlängert. Gleiches hat St. Pauli bei weiteren Stammspielern im Sinn. Nach Abendblatt-Informationen ist Marcel Hartel ein Kandidat, auch Torwart Nikola Vasilj bietet sich an, um die Zweitligaspitze anzugreifen.

Nicht mit dem Aufstieg, sondern mit dem Auftakt ins Training wird sich Hürzeler am 19. Juni befassen. Gut einen Monat später geht es zum Trainingslager nach Südtirol (Italien) in die Dolomiten: nach ganz oben.