Hamburg. Das Gericht ordnete außer der Haftstrafe die Einweisung des 39-Jährigen in eine Entziehungsanstalt an.

Der Überfall erfolgte hinterrücks und traf das Opfer dort, wo es sich eigentlich am sichersten fühlen dürfen sollte: in ihrem eigenen Haus, im Schlafzimmer. Seitdem ist für Martha G. (Name geändert) nichts mehr, wie es war. Die 79-Jährige, eigentlich eine taffe, eine starke Frau, ist seit dem sexuellen Übergriff vom 1. August vergangenen Jahres ängstlicher geworden, eingeschränkter in ihrem Leben. Gestern wurde der Mann, der ihr das angetan hat, vom Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.

Nach Überzeugung der Kammer hat sich der Angeklagte Thorsten S. mit dem Übergriff vom 1. August vergangenen Jahres auf das Opfer in Schnelsen der sexueller Nötigung und Körperverletzung schuldig gemacht. Neben der Freiheitsstrafe sprach das Gericht die Einweisung des 39-Jährigen in eine Entziehungsanstalt aus. Der Vorsitzende sprach von einem „schrecklichen Geschehen“, einem „Überfall im Schlafzimmer, der hinterrücks erfolgt ist. Das ist etwas, das es einem kalt den Rücken runterlaufen lässt.“ Die Folgen der Tat hätten sich „tief in die Seele des Opfers geschrieben“.

Der Angeklagte Thorsten S. hatte damals erhebliche Mengen Amphetamine konsumiert und etwa drei Tage lang nicht geschlafen. „Ich wollte mich an ihr reiben. Ich wollte sie nicht vergewaltigen. Das könnte ich einer Frau nie antun. Das, was passiert ist, ist sehr sehr schlimm", hatte der Hamburger zum Prozessauftakt gesagt und ein umfassendes Geständnis abgelegt, das das Gericht als „von Reue und Scham getragen“ würdigte. Er verstehe selber nicht, was er da gemacht hat, hatte der 39-jährige gesagt. Im Rausch, einem gefährlichen Mix aus Amphetaminkonsum und mehrtägiger Schlaflosigkeit, war der Mann über den Wintergarten in das Haus des Opfers eingedrungen. Er hatte die 79-Jährige aufs Bett geworfen, weil er sexuelle Befriedigung gesucht habe, ist die Kammer überzeugt.

Der Hamburger hatte seinen Personalausweis am Tatort verloren

Er hielt ihr den Mund zu, so dass das Opfer Angst hatte, keine Luft mehr zu bekommen, und rieb sich in beischlafähnlichen Bewegungen an der Rentnerin, die sich mit Händen und Füßen zur Wehr zu setzen versuchte. Schließlich ließ der Mann von der Frau ab. Weil er sich gefragt habe: „Was mache ich hier eigentlich“, hatte der 39-Jährige gesagt. Dies sei denkbar, so der Vorsitzende. Möglich sei aber auch, dass Thorsten G. sich wegen der beherzten Gegenwehr des Opfers zurückgezogen hatte. Als sie schließlich um Hilfe rief, schlug er ihr noch ins Gesicht und flüchtete schließlich. Die Polizei war dem Hamburger schnell auf die Spur gekommen, weil er seinen Personalausweis am Tatort verloren hatte. Vor Gericht sagte der Angeklagte zudem, dass er das Alter der Frau auf maximal Ende 50 geschätzt hatte.

Während der Urteilsverkündung fixierte Opfer Martha G. den Angeklagten unverwandt. Die Frau hatte an allen fünf Verhandlungstagen den Prozess verfolgt, weil sie wissen wollte, was ihr Peiniger zu sagen hat und welches Urteil über ihn gesprochen wird. Der Vorsitzende bezeichnete die 79-Jährige als „stark“. Aber sie konnte nicht verhindern, dass ihr während ihrer Aussage die Tränen kamen. Martha G. hatte geschildert, wie der Mann sie überfallen hatte, dass sie sich seitdem nachts nicht mehr aus dem Haus traue und mehrfach alle Fenster überprüfe, ob sie auch wirklich geschlossen sind.

(bem)