Im Restaurant Haerlin kreiert Sternekoch Christoph Rüffer eine „Gaumenparty“

Im Juli hat Christoph Rüffer sich und sein Team in den Urlaub geschickt. Für die Auszeit gibt es einen besonderen Grund: Nach der erfolgten Modernisierung des Küchenbereichs wird jetzt auch das Restaurant Haerlin einer gründlichen Umgestaltung unterzogen. Von nun an werden Rüffers Kreationen in einem zeitgemäßen Ambiente präsentiert.

Kurz vor der Sommerpause probieren wir das aktuelle Angebot aus Christoph Rüffers Küche. Und wir lernen den neuen Maître Christian Schäfer kennen, der vorher unter anderem im Restaurant Seven Seas auf dem Süllberg gearbeitet hatte. Schäfer ist zwar auch Sommelier, überlässt aber die Präsentation der Weine weiterhin seinem Kollegen Marco Franzelin, der bereits seit anderthalb Jahren die rund 1400 Gewächse im Keller betreut, vornehmlich von renommierten Weingütern in Deutschland und Frankreich.

Christoph Rüffer ist seinem bewährten System treu geblieben: Er bietet zwei Menüs mit sechs Gängen an unter den Titeln „Aromenbehandlung“ und „Gaumenparty“ (jeweils für 145Euro), die aber auf Wunsch auf vier Gänge (105Euro) reduziert werden können. Die glasweise Weinbegleitung zu vier Gängen, ausgewählt von Marco Franzelin, kostet 45Euro. Als Vorgeschmack auf beide Menüs lässt die Küche einige abwechslungsreiche Appetithäppchen servieren. Diesmal sind es zunächst höchst aromatische Miniaturen wie Gin Fizz mit Gurke und Kaviar, gerösteter Petersiliencouscous und Zitronenkefir und Rettich süßsauer und Paprikatapenade, dann eine warm marinierte Lisette-Makrele mit Bärlauchcrème und Borretschblüten.

Die „Aromenbehandlung“ startet mit Spargeltexturen „Finkenwerder Art“, das heißt zur Spargelmousse, zur Spargelvinaigrette, zum marinierten Spargel und zur Spargelwolke setzen Nordseekrabben, Katenschinken und Krabben-Kropek die geschmacklichen Akzente. Zu jedem Gang wird seit einiger Zeit auf kleinen Karten ein „Steckbrief“ überreicht, der über Zutaten und Zubereitung Auskunft gibt.

Als Komposition überzeugt auch das sous vide gegarte Seezungenfilet mit Cannelloni von Taschenkrebs und Avocado und einem geschäumten Sojabohnenjus. Grünes Frühlingsgemüse (Kopfsalat, junger Lauch, Erbsen) richtet Christoph Rüffer im Hauptgang zum in Wacholderöl gegarten Rehbockrücken mit Wildsalami und Brennnesselsalat an. Und vom reduzierten pikanten Rehjus mit Sansho-Pfeffer können wir gar nicht genug bekommen. Den Abschluss des Menüs markiert das „Südsee-Ei“, ein Kompott von Ananas mit Tahiti-Vanille, Kokosnusseis, Passionsfrucht und Callebaut-Schokolade – ein exotisch-fruchtiger Ausklang.

Klassisch französisch beginnt die „Gaumenparty“ mit Gänseleber: als Parfait mit Holunderblütengelee und als Lolli mit Apfelkraut und Aprikose. Für den geschmacklichen Kontrapunkt zu diversen Texturen von Apfel und Aprikose sorgt ein Brioche mit salziger Fassbutter – gleich zu Anfang des Menüs ein Highlight. Und es geht so weiter: gerösteter Kaisergranat mit grünen Mandeln, karamellisiertem Benedictine-Pfirsich und Nussbutterschaum – wieder ein Hochgenuss. Dann folgt ein sanft in Nussbutter sautiertes Filet vom Angel-Steinbutt mit geröstetem Hummer und Krustentierjus, dazu eine Miso-Tamarindenhollandaise und eine süße Zwiebel-Portweincrème. Nicht zu vergessen: die kleinen gerösteten Steckzwiebeln auf dem Teller. Sommerlich frisch das Dessert: ein Törtchen von Mara de Bois-Erdbeeren, Mousse, Crumble, Coulis und Sorbet von der Erdbeere mit Kokos, Buttermilcheis und Pistazienvariationen – eine Glanzleistung von Patissier Roland Georgius.

Dieter Braatz ist stellvertretender Chefredakteur der Zeitschrift „Der Feinschmecker“