Der Schulweg ist bei uns neuerdings eine Übungsstrecke, auf der meine Söhne sich sprachlich und intellektuell erproben. Derzeit arbeiten sie an der Kunst der Beleidigung.

„Du bist zu blöd, um alleine aus dem Bus zu winken“, sagt Max zu seinem kleinen Bruder, als wir uns zu Fuß auf den frühnebligen Kilometer zur Lehranstalt machen.

„Vielen Dank, auch im Namen meiner Eltern“, antwortet Paul.

„Zähl doch mal bis zehn, ich brauch ’ne Stunde Ruhe.“

Stille. Der Kleine holt zum Gegenschlag aus.

„Du triffst nicht mal das Wasser, wenn du ausm Boot fällst.“

Wir gehen über die Hauptstraße, leichtes Unterfangen, weil wie üblich alle im Stau stehen.

„Stau ist scheiße“, sagt Paul, Verkehrsexperte der Familie. „Außer man steht vorne.“

„Moment“, sage ich. „Keine solchen Wörter, bitte!“

„Schrei mich nicht an, ich bin ein Wunschkind!“

Irgendwann wird mir klar, woher die Brise haucht. Sie haben mir das Sprücheklopper-Buch „Niveau ist keine Hautcreme“ geklaut.

„Du bist so hohl wie ein Geländewagen-in-der-Stadt-Fahrer!“

Ich verdrehe die Augen.

Endlich. Schulhof in Sichtweite.

„Wir würden gerne gehen, aber wir müssen leider los. Bis später, Peter. Hau rein, Kapelle.“

Sie gicksen und gacksen, und ich müsste womöglich mit klaren Worten meine Autorität wiederherstellen. Stattdessen drücke ich ihnen Küsse auf das nebelnasse Haar.

„Jau“, sage ich, aber da sind sie schon längst von den grauen Flachbauten eingeatmet worden.

„Aus Kindern werden Klugscheißer.“ Und mache mich auf den Weg: „So long Hongkong.“

Über die Straße, in die Bahn und zur Maloche. „Mein Name ist Blume: Ich verdufte.“