Hamburg. Nachdem sie aus ihrem Stammsitz an der Sierichstraße in Winterhude ausgezogen waren, weil der Druck aus der Nachbarschaft zu groß wurde, deutet sich für die "Hamburger Burschenschaft Germania" auch in ihrer neuen Heimat an, dass Rechtsextreme als Nachbarn in Hamburg nicht willkommen sind.
Schon im Frühsommer 2021 hatte die "Germania" das Haus in Winterhude geräumt – wie die "taz" berichtete, nach wiederholten Beschwerden wegen Ruhestörungen, den damit einhergehenden Ordnungsgeldern in fünfstelliger Höhe und den Kosten für mehrere Verfahren. Lange war nicht bekannt, wohin die Burschenschaft gezogen ist, die zu ihren Gästen unter anderem den wegen Volksverhetzung verurteilten islamfeindlichen Autor Akif Pirincci sowie immer wieder auch Funktionäre verschiedener rechtsradikaler und -extremer Parteien gezählt hatte.
Rechtsextremismus: Burschenschaft "Germania" bereitet den Nachbarn Sorge
Nun ist es also die Jüthornstraße in Marienthal geworden: Gelber Putz statt Klinker, ein an zwei Seiten des Grundstücks stacheldrahtbewehrter, mannshoher Zaun, Fensterläden, Bewegungsmelder und Überwachungskamera statt Gartenzaun, Rhododendronhecke und großem Banner mit dem Burschenschaftsnamen. Ob im neuen Haus weiterhin der Verein "Harry Lange" als Träger und Betreiber eines Studierendenwohnheims fungiert, ist nicht bekannt.
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Definitiv gleich geblieben ist der Unmut der Anwohner über ihre rechtsextremen Nachbarn: In der Sierichstraße hatte es immer wieder Beschwerden wegen Ruhestörung gegeben. Aktenkundig sind unter anderem "Sieg Heil"-Rufe, die laut Verfassungsschutz "keine Einzelfälle, sondern Ausdruck einer innerhalb der HB! Germania verbreiteten rechtsextremistischen Grundhaltung" seien, wie es im Verfassungsschutzbericht 2020 hieß. Nun werden in der neuen Nachbarschaft Flyer verteilt, auf denen vor dem Sitz der Burschenschaft als "einer der wichtigsten Adressen der Neurechten in Hamburg" gewarnt wird.
Kurz vor Weihnachten fühlte sich dann jemand bemüßigt, den Zaun des neuen "Germania"-Domizils zu besprühen: "Verpisst euch" und "Fck Nzs" (Fuck Nazis) steht dort seitdem zu lesen. Der Staatsschutz ermittelt.
Rechtsextremismus: Burschenschaft wird weiter vom Verfassungsschutz beobachtet
Der Umzug und die vergleichsweise Ruhe aus Richtung der Burschenschaft hat die Einschätzung des Verfassungsschutzes, was die "Germania" angeht, nicht verändert: Die neue Adresse an der Jüthornstraße wird ebenfalls als "rechtsextremistische Immobilie" geführt, der Trägerverein "Harry Lange" steht weiter unter Beobachtung, so der Senat in einer Antwort aud eine Kleine Anfrage des Linken-Abgeordneten Deniz Celik. Und auch die Burschenschaft selbst "ist weiterhin Beobachtungsobjekt des Landesamts für Verfassungsschutz", sagt Sprecher Marco Haase auf Abendblatt-Anfrage.
Dass die "Germania" trotzdem nicht im aktuellen Verfassungsschutzbericht genannt wird, hängt zum einen eben damit zusammen, dass sie sich unauffällig verhalten hatte und deswegen nicht genannt werden konnte. Zum anderen mit einer Tatsache, die auch Celik mitgeteilt worden war: "Es besteht keine Pflicht zur Nennung sämtlicher verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Der Verfassungsschutzbericht ist kein Rechenschaftsbericht, sondern dient der Aufklärung der Öffentlichkeit", hatte der Senat ursprünglich 2019 mitgeteilt.
Damals übrigens als Antwort auf die Frage der AfD, warum nicht alle linksextremistischen Vereinigungen, die der Verfassungsschutz beobachtet, im jährlichen Bericht genannt werden.
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