Farmsen-Berne. Die Bürgerinitiative „Schule Berne muss bleiben“ hat ihr Bürgerbegehren genehmigt bekommen. Jetzt müssen die Kämpfer für den Erhalt der denkmalgeschützten Waldschule von Oberbaudirektor Fritz Schumacher innerhalb von sechs Monaten 6.636 Unterschriften beibringen, um einen Entscheid herbeizuführen und die rund 400.000 Wandsbeker ihre Empfehlung zum Schicksal der Grundschule abgeben zu lassen. Doch eigentlich würden die Beteiligten am liebsten alles wieder abblasen.
„Wir wollten die Verantwortlichen erreichen mit unserem Begehren, und das haben wir erst einmal geschafft“, sagte Initiativen-Sprecher Niels Schulze. Der SPD-Fraktionschef in der Bürgerschaft, Andreas Dressel, verhandelt jetzt mit Initiative und Schulbehörde. Hat er Erfolg, zieht die Bürgerinitiative ihr Bürgerbegehren zurück, was der Stadt rund 250.000 Euro Kosten für den drohenden Bürgerentscheid sparen würde.
Das Bezirksamt Wandsbek hatte zunächst die Fragestellung „Sind Sie dafür, dass den Kindern in Berne der einzige staatliche und denkmalgeschützte Grundschulstandort unter dem Motto „Kurze Beine – kurze Wege“ erhalten bleibt?“ für zulässig erklärt. Bedingung dafür ist ein erklärender Textzusatz, der festhält, dass der Entscheid keine bindende Wirkung entfaltet, sondern lediglich den Charakter einer Empfehlung an die Fachbehörde haben kann. Womit klar wird, dass der angestrebte Bürgerentscheid eigentlich unsinnig, weil wirkungslos ist. Er ginge nicht über eine Entscheidung der Bezirksversammlung hinaus, und die hat sich bereits – einstimmig und mit den Argumenten der Initiative – für den Erhalt der Schule ausgesprochen.
Die Schulbehörde hatte dies allerdings nicht beeindruckt, und das soll Dressel jetzt ändern. Denn das Aus für die seit Jahren vernachlässigte Grundschule Berne ist schon verkündet. Zu Beginn des neuen Schuljahres im Sommer 2016 sollen die bestehenden Klassen auf benachbarte Standorte verteilt werden. Obwohl die Berner Siedlung, zu der die Schule gehört, völlig überaltert ist und vor Ort der absehbar wachsende Bedarf auch durch Zuzug außer Frage steht.
Die Schulbehörde hatte das Gegenteil behauptet und die Beseitigung des von der Stadt selbst verursachten Sanierungsstaus in der Schule für zu teuer erklärt. Eine Sanierung sei angesichts des Platzangebots in Nachbarschulen „unverhältnismäßig“, teilte die Schulbehörde mit (wir berichteten) und ließ die wütenden Proteste der Eltern ins Leere laufen. Aber die mit guten Kontakten in die Landesbehörde ausgestattete örtliche SPD bestätigte jetzt die Bedarfsprognosen der Initiative und ließ durchblicken, dass allein der alles verteuernde Denkmalstatus der Schule die Behörde an der Sanierung hindere. „In zehn Jahren werden sie für noch mehr Geld eine neue Schule in Berne bauen“, hieß es.
Die von der Behörde angegebenen Sanierungskosten seien „politische Zahlen“. Gegenüber dem Abendblatt schwankten sie denn auch beträchtlich: Angefangen von 2,7 Millionen Euro im August, die auf Abendblatt-Nachfrage ausdrücklich zu einer aktuellen Schätzung erklärt worden waren, kletterten die Sanierungskosten auf 4,2 Millionen in der Antwort auf eine Kleine Anfrage wenige Wochen später. Auf der Bürgerveranstaltung vor Ort wartete dann im Herbst der Behördenvertreter mit „4,5 bis 5,5 Millionen Euro“ auf.
Auch Bürgermeister Olaf Scholz war um Hilfe gebeten und von der Berner SPD-Distriktchefin Monika Hauto angeschrieben worden. Er reagierte aber nicht auf ihren Brief. Das Hamburger Denkmalschutzgesetz verpflichtet die Stadt auf vorbildlichen Umgang mit ihren historischen Gebäuden, um eine Vorbildwirkung auf Privateigentümer von Denkmälern zu erreichen. Dass die Stadt einerseits den Denkmalschutz hoch hält und andererseits immer wieder eigene Denkmäler dem Verfall überlasse, verweise auf eine „strukturelles Problem“, hieß es aus der Bezirks-SPD. „Die Denkmalschützer der Kulturbehörde haben keinen eigenen Etat, und die Schul- und Finanzbehörde haben nichts davon, wenn sie Denkmäler sanieren.“
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Wandsbek