Volksdorfer Naturschule und Gärtnerei kämpften monatelang um Anschluss an Wasser, Strom und Telefon. Schon vor zwei Jahren schon wollte Lars Warnke mit seiner Naturschule für Kinder und Jugendliche beginnen.

Hamburg. Seit der Neubau nebenan startete, ist nichts mehr selbstverständlich. Wasser, Strom, Telefon, Gas zum Heizen – Lars Warnke war in seiner Volksdorfer Naturschule und der Gärtnerei in der Schemmannstraße 56 wie abgeschnitten von den Errungenschaften der Zivilisation. Vor zwei Jahren schon wollte er mit seiner „Wilde Zeiten Naturschule“ für Kinder und Jugendliche beginnen. Aber er blieb in den Startlöchern hängen. Die Tierhaltung hat er bis auf Weiteres eingestellt. Dafür verhandelt er mit Versorgungsunternehmen, dem Investor nebenan und mit der städtischen Sprinkenhof AG, seinem Vermieter.

Die PGS Projektgesellschaft Sasel GmbH baut derzeit 25 große, luxuriös ausgestattete Wohnungen in das historische Johannes-Petersen-Heim neben dem in Volksdorf berühmten Schemmann-Spielplatz. Die Neubauten sind schon fertig. Die Stadt hatte das Grundstück 2011 an die PGS verkauft und nur die Gärtnerei im hinteren Teil des Grundstücks behalten. Kaufvertrag und Teilungserklärung regelten Überfahrtsrechte und den Anschluss des Pächters Warnke an die Versorgungsleitungen. So weit die Theorie.

Die Bank vor der Tür der Naturschule hat Moos angesetzt. Der Flachbau wirkt verlassen. „Guten Tag!“ steht auf einem längst verblichenen Holzschild an der Eingangstür. Der Wunsch scheint längere Zeit unerfüllt geblieben zu sein. Auf dem Briefkasten fordert eine Notiz den Postboten auf, Briefe auch wirklich einzuwerfen und bitte nicht als unzustellbar an den Absender zurückzuschicken.

Seit Dezember 2013 kann Warnke heizen. In der Zwischenzeit waren allerdings die durchgefrorenen Heizungsrohre im Gewächshaus geplatzt. Den Schaden trug Warnke. Nach monatelangen Kämpfen fließen jetzt auch Strom und Wasser. Aber das Telefon ist immer noch tot. Warnkes Vermieter, die städtische Sprinkenhof AG, verweist auf den Investor nebenan. PGS-Geschäftsführer Günther Casjens als Bauherr im Johannes-Petersen-Heim kann sich „nicht erklären“, warum Warnke so viel Ärger hat. „Wir haben uns im Grundstückskaufvertrag mit der Stadt verpflichten müssen, die Versorgungsleitungen über unser Grundstück laufen zu lassen und sie selbst zu verlegen. Das haben wir längst gemacht.“ Von Problemen mit Telefonleitungen sei ihm „nichts bekannt“.

Baumschützer wollen nachträglich den Kaufvertrag geändert sehen

Sprinkenhof-Geschäftsführer Henning Tants: „Wenn der PGS-Geschäftsführer nichts von der Telefonleitung weiß, dann müssen wir das klären. Auch sie gehört zu den Leitungen, die die PGS verlegen muss.“ Warum die Herstellung einer funktionierenden Versorgung so lange gedauert habe, wollte er nicht kommentieren. Wegen der Schwierigkeiten habe die Sprinkenhof Warnke schon angeboten, den Pachtvertrag aufzulösen. „Er besteht aber auf Vertragserfüllung“, sagt Tants. „Ich würde mir wünschen, dass alle Seiten sach- und lösungsorientiert zusammenarbeiten.“

In der Frage der Zufahrt zur Naturschule könnte das sehr helfen. Warnke fürchtet die geplante Verlegung und bangt um die derzeit gegebene Wendemöglichkeit für Lkw. Die neue Überfahrt über das Investorengrundstück soll aber nicht mehr da entstehen, wo es die Teilungserklärung vorsieht. Stadt und Investor ringen um einen Kompromiss, obwohl der im Kaufvertrag von 2011 längst gefunden schien. Aber was die eine Instanz der Stadt unterzeichnet, muss die andere nicht unbedingt mittragen. „Wir sind an der Vertragsgestaltung nicht beteiligt gewesen“, hieß es aus dem Bezirksamt Wandsbek. Und bezirkliche Baumschützer entdeckten, dass die Lage der Überfahrt zu wenig Abstand zum Wurzelbereich dreier alter Buchen hält. Jetzt strebt das Amt einen neuen, baumfreundlicheren Verlauf der Überfahrt an. Die PGS, die die Bäume für Kastanien hält, will keinen Streit mit den Genehmigungsbehörden und hat keinen Zeitdruck. Das macht sie verhandlungsbereit. Die neue Überfahrt solle erst nach Fertigstellung der Wohnungen im Herbst entstehen, hieß es. Sprinkenhof-Geschäftsführer Tants erklärte dagegen, dass das Amt die Zufahrt durchaus auch sperren könne, wenn sie den Baumschutz missachte. Auch ein gutes Argument für Gesprächsbereitschaft. Warnke, der die Überfahrt letztlich nutzen muss, hat abzuwarten, was die zeitdruckfreien Gespräche ergeben. Pessimisten würden die Vorbereitung einer Luftbrücke empfehlen.

Bezirksamt und Umweltbehörde verwirren die städtische Sprinkenhof AG

Der erste Vorschlag der Stadt zum neuen Verlauf der Überfahrt war laut PGS und Sprinkenhof unannehmbar, weil er zu radikal war. Dafür hätten alle Eigentümer der schon verkauften Wohnungen ihre Zustimmung geben müssen, vor dem Notar in einer einstimmig geänderten Teilungserklärung. „Das würden sie nie tun“, sagt Casjens, „wir können nur wenige Meter von der alten Planung abweichen, um die Teilungserklärung nicht ändern zu müssen.“ Der zweite Vorschlag der Stadt verlegt die Überfahrt auf den Schemmann-Spielplatz. Die PGS sagt nichts dazu, für Tants ist die Idee abwegig. „Unvorstellbar, den berühmten Schemmann-Spielplatz damit zu belasten.“ Aber er hält den Vorschlag ohnehin für erledigt. Die Umweltbehörde sei dagegen, und sie müsste schließlich einen Teil ihres Grundstücks dafür hergeben. Das Bezirksamt hat andere Informationen. Die Umweltbehörde sei einverstanden und habe der Übertragung des fraglichen Grundstücksteils ins bezirkliche Grundvermögen zugestimmt. Überraschte Nachfragen beantwortet das Amt eher sparsam: Genauere Auskünfte erteile die Sprinkenhof AG.

Sprinkenhof-Geschäftsführer Tants tröstet indessen seinen Pächter Warnke. „Die alte Zufahrt gibt es ja noch.“ Den Wermutstropfen schenkt er gleich nach. „Die neue Einfahrt wird sicher keine Wendemöglichkeit für Lkw bieten. Das sieht der Vertrag nicht vor.“