Die Zahl soll von 119 auf 64 sinken. Der Einzelhandel protestiert. Eine Bürgerinitiative will sogar autofreie Lösung. Laut Quartiersmanager Werner Lipka müsse das Einkaufen mit dem Auto möglich bleiben.

Hamburg. 119 Parkplätze gibt es derzeit am Saseler Markt. Auf 64 würde die Zahl der Plätze schrumpfen, falls der seit Jahren diskutierte Plan zur Neugestaltung der Saseler Ortsmitte realisiert werden würde. Zumindest 97 Parkplätze möchte das Kommunale Forum Sasel mit Umplanungen durchsetzen – gegen die Wandsbeker Grünen und die Bürgerinitiative Für ein lebenswertes Sasel.

Doch auch dieser neue Entwurf liegt bereits seit einem Jahr vor, ohne dass Bewegung in die Sache kommt. Deshalb droht das Kommunale Forum Sasel, dem Gewerbetreibende, das Quartiersmanagement, der Bürgerverein Sasel-Poppenbüttel, die Kirchengemeinde und der Heimatverein Unser Sasel angehören, nun mit einem Bürgerbegehren. „Die Bürgerinitiative ‚Für ein lebenswertes Sasel‘, die gerade einmal fünf Mitglieder zählt, blockiert alles“, sagt Dietrich Hünerbein vom Bürgerverein Sasel-Poppenbüttel. „Wir wollen jetzt in Gesprächen mit den politischen Parteien die Mehrheiten ausloten. Falls die Politik unter der Marke von 97 Parkplätzen bleibt und nicht entscheidet, starten wir ein Bürgerbegehren.“

Barbara Kretzer von der Initiative „Für ein lebenswertes Sasel“ hält dagegen. „Wir sind nicht nur ganz wenige Leute, sondern haben einen großen Sympathisantenkreis. Es sind zwar nur wenige aktiv, aber das ist doch bei fast allen Initiativen so.“

Barbara Kretzer sagt weiter: „Wenn es allein nach uns ginge, würde der Marktplatz ganz autofrei werden. Auch in der Kehre wollen wir keine Parkplätze. Aber mit 64 Plätzen könnten wir leben.“ Das sehen die Einzelhändler am Saseler Markt anders. Sie sehen allerdings auch nicht, dass sie dem mit der ersten Planung einhergehenden Parkplatzabbau zugestimmt hatten.

Quartiersmanager Werner Lipka wirft der Initiative vor, „Menschen auszugrenzen, die nicht mit dem Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen können“. Das Einkaufen mit dem Auto müsse möglich bleiben. Heimatverein und Edeka-Markt hätten bereits einen Fahrdienst eingerichtet, der zumeist donnerstags ältere, gehbehinderte Saseler zum Einkaufen am Saseler Markt zu Hause abholt. „Wir wollen keine Verödung“, sagte Lipka. „Die Geschäfte müssen Geschäfte bleiben und dürfen nicht zu Dienstleisterbüros werden.“ Auch Kirchenvorsteher Jörg Peters von der evangelischen Gemeinde, die auch im Kommunalen Forum engagiert ist, spricht von „großen Schatten“, die das Alstertal-Einkaufszentrum auf die Erfolgsaussichten des Saseler Einzelhandels werfe.

Kretzer von der Bürgerinitiative bedauert, dass der Bau einer „unauffälligen Parkpalette“ für etwa 70 Autos hinter der Post aus Kostengründen nicht weiter verfolgt worden sei. Für sie muss die „Dominanz des Autos gebrochen werden, damit mehr Räume entstehen und stressfreier eingekauft werden kann“. Dagegen hält Quartiersmanager Werner Lipka, dass kein Kunde seinen vollen Einkaufswagen 100 Meter bis zum Auto schieben wolle. Der Penny-Markt, der nach eigenen Angaben in der Kehre besonders unter der Parkplatzsituation leidet, überlege bereits, an einen anderen Standort zu ziehen.

Die FDP sagt, Bürgerbeteiligung verlangsame mitunter Entscheidungen

„Es zeigt sich mit diesem Fall wieder einmal, dass Bürgerbeteiligung keineswegs segensreich sein muss“, so der Wandsbeker FDP-Fraktionschef Klaus Fischer. „In Sasel treibt die Bürgerbeteiligung solche Blüten, dass die Politik fassungslos an der Seitenlinie steht und kaum versteht, warum die Auseinandersetzung mit solcher Härte geführt wird.“ Im Unterschied zu den Bürgern vor Ort seien die Politiker jedoch geschult darin, Kompromisse zu finden und auch zu beschließen. „Bürgerbeteiligung ist im Zweifel vor allem langsamer.“

Die rot-grüne Koalition im Bezirk Wandsbek hat sich bislang zurückgehalten. Die Grünen stehen zwar klar aufseiten der Parkplatzgegner, aber die SPD will zum Umbau des Platzes erst Beschlüsse fassen, wenn vor Ort Konsens hergestellt ist. Bislang entschied die Koalition lediglich, in dem ohnehin zumeist verstopften, südlichen Teil der Straße Saseler Markt die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 auf zehn Kilometer pro Stunde abzusenken und die Senatsbehörde zu bitten, einen „verkehrsberuhigten Geschäftsbereich“ einzurichten, in dem alle Verkehrsteilnehmer gleiche Rechte hätten.

Dafür müssten nur Verkehrsschilder aufgestellt werden. Die Umgestaltung des Platzes hingegen würde die Stadt rund zwei Millionen Euro kosten. Angesichts der Haushaltslage hatte die Warteposition der SPD also durchaus positive Seiten. Das allerdings will jetzt keine der Konfliktparteien mehr hinnehmen.

„Es dürfen nicht einzelne Brocken aus dem Maßnahmenpaket gebrochen und die Erneuerung des Platzes auf ewig verschoben werden“, sagte Lipka vom Kommunalen Forum. Barbara Kretzer von der Initiative sieht die Politik in der Pflicht zu vermitteln. „Die Koalition muss alle an einen Tisch holen. Kommt keine Einigung zustande, muss sie entscheiden und damit eben Menschen gewinnen oder auch enttäuschen.“

Die Kontrahenten sind also wieder nah beieinander. Denn auch das angedrohte Bürgerbegehren soll den Konflikt zur Entscheidung bringen. Aus der SPD hieß es jetzt, man gehe „gut aufgestellt“ in die Gespräche, halte 64 Parkplätze für zu wenig und wolle die Grünen überzeugen.