Klaus Lange erzeugt Strom, Wärme und Kälte selbst – sein kleines Café ist autark. Jetzt berät er andere, die es dem „Caféhaus“ in Rahlstedt nachmachen wollen.

Rahlstedt. „Kaffee und Kuchen sind die Hauptsache, den Rest gibt es bei uns so nebenbei.“ Der Rest, das ist Energie, und davon hat Konditormeister Klaus Lange mehr als genug. Er kauft jetzt keinen Strom mehr. Er produziert ihn komplett selbst. Sein Strom kommt nicht mehr aus dem Kraftwerk, sondern vom eigenen Dach und aus dem eigenen Keller. Und es ist mehr, als „Das Caféhaus“ samt Backstube verbraucht. Rechnerisch hat Lange 3000 bis 4000 Kilowattstunden (kWh) im Jahr übrig. Die speist er ins Netz ein.

„Viele Gäste und Nachbarn fragen, was wir da machen. Dann gehe ich mit ihnen in den Keller, und wir sehen uns alles genau an“, sagt Lange. Die Kühlanlage für die Backstube, der Ofen, die Heizung, die Beleuchtung für Tortentresen und Café in der Rahlstedter Straße68 – alles wird von hauseigenen Stromerzeugern versorgt. Die neu installierte, 170 Quadratmeter große Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach war nur der letzte Schritt. Sie speist die Blockkälteanlage im Keller, die primär Kälte für die Kühlschränke macht. Als „Abfallprodukt“ bleibt Wärme für Warmwasser und Heizung. Bei schlechtem Wetter dreht sich auch das Windrad mit seinen 2,70 Meter Rotordurchmesser auf dem Dach und liefert Elektrizität. So wird der bei wenig Sonne geringere Fotovoltaik-Ertrag ausgeglichen.

Die Grundidee ist einfach. Lange heizt und kühlt und backt mit Strom. Weil Strom die Energie ist, die er selbst erzeugen kann. Nur für Verbrauchsspitzen, wenn der Strom nicht reicht, gibt es eine mit Gas betriebene Reserve: ein Blockheizkraftwerk. Es erzeugt in erster Linie Strom und in zweiter Linie Wärme, kann also sowohl Spitzen im Stromverbrauch als auch Spitzen bei der Heizlast abdecken.

„Die meisten gucken sich das gern näher an und sind dankbar, wenn irgendein Ochse so was schon mal ausprobiert hat“, sagt Lange, „das beruhigt ungemein, wenn man selbst Ähnliches vorhat.“ Von Verbraucher zu Verbraucher spreche es sich vertrauensvoll und unbeschwert. Niemand fürchtet, von einem beschlagenen Verkäufer nur die Hälfte der wichtigen Fakten erzählt zu bekommen.

Die 110.000 Euro Investitionen amortisieren sich – langsam

„Am Anfang haben uns viele belächelt, als wir sagten, wir wollten autark werden“, sagt Lange. Jetzt lächelt er. Immer wieder kam die Frage, ob sich das alles rechne. „Aber so kann man da nicht rangehen. Man muss einfach anfangen. Manche haben ihr Geld für 0,3 Prozent Zinsen bei der Sparkasse liegen, aber wenn sie in eine neue Heizung oder eine Fotovoltaik-Anlage investieren sollen, erwarten sie, dass sie damit über Nacht reich werden. Das funktioniert natürlich nicht. Aber wenn ich mir überlege, was ich in den 20 Jahren, die ich noch arbeiten muss, an die Stromkonzerne zahlen würde, komme ich auf astronomische Summen. Und dann sieht die Rechnung schon anders aus.“

Bei 110.000 Kilowattstunden Verbrauch im Jahr 2006 fingen die Langes an. Im letzten Jahr standen noch 33.000 kWh auf der Stromrechnung. Insgesamt rund 110.000 Euro haben die Langes seitdem investiert. In die 170 Quadratmeter große Fotovoltaik-Anlage 45.000 Euro, je 25.000 Euro in Blockkälteanlage und Blockheizkraftwerk. Das Windrad kostete 8000 Euro, die Umrüstung auf LED-Lampen zwischen 3000 und 5000 Euro. 1600 Euro kostete „Solartube“, ein verspiegeltes Rohr, das mittels Prismen außen Tageslicht einfängt, bündelt und innen wieder abgibt. „Insgesamt sparen wir jetzt 22.000 bis 25.000 Euro Stromkosten pro Jahr“, sagt Lange.

Lange ist Energiemanager – und seine Nusstorte gewinnt jedes Jahr Preise

Schritt für Schritt musste er vorgehen. Weil er Neuland betrat und der Betrieb klein ist. Rund 20Tische, keine Filialen, acht Angestellte, Ehefrau Susanne führt die nur 25 Quadratmeter große Backstube. „Wir müssen kleine Brötchen backen“, sagt er. Inzwischen ist Lange geprüfter „europäischer Energiemanager“, berät andere Unternehmen in Klimaschutz-Fragen. Das Caféhaus ist Umweltpartner der Stadt Hamburg und von der Bundesregierung ausgezeichnetes „Klimaschutzunternehmen“.

Bis nach Kasachstan reichen die ökologischen Bande. Aber dort beriet Lange nicht in Sachen Autarkie, sondern in Kaffeefragen: Er baute mit einem befreundeten Unternehmen eine private Kaffeerösterei auf. Nach Rahlstedter Muster mit der gleichen Maschine, die hinter seinem eigenen Tresen steht.

Die Langes sind zufrieden. Auch wenn sie in ihren Kuchen beißen. Die Lübecker Nusstorte der Langes hat auch in diesem Jahr wieder den goldenen Preis der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft gewonnen. So wie schon 2012 und 2011. Es läuft im Caféhaus.