Die 29-jährige Natascha Wronski, eine junge Mutter, ist Wehrführerin bei der freiwilligen Feuerwehr. Die erste und einzige in Hamburg.

Farmsen-Berne. Der Alarm könnte jeden Moment schrillen. Dann würde Natascha Wronski wenige Minuten später vielleicht das Feuer in einer Fabrikhalle löschen. Oder womöglich an der Farmsener Landstraße einen überfluteten Keller leer pumpen. Vielleicht aber auch am Neusurenland eine Katze vom Baum holen. Denn die 29-Jährige, im Hauptberuf Optikerin und seit vier Monaten Mutter der kleinen Kira, ist Wehrführerin der Freiwilligen Feuerwehr (FF) Berne - und damit die erste und einzige in Hamburg.

Natascha Wronski ist mit zwei Kameradinnen allein unter 22 Männern. Sie alle sind ehrenamtlich für die FF Berne tätig, unterstützen die Berufsfeuerwehr. Zu 75 Einsätzen ist die Mannschaft im vergangenen Jahr mit ihren zwei Löschfahrzeugen ausgerückt. Die Mitglieder der FF sind Helden des Alltags, die Ritter unter den Ehrenamtlichen: Sie löschen in ihrer Freizeit Brände, räumen umgestürzte Bäume von den Straßen und befreien auch immer wieder Entenfamilien aus Schleusen und anderen Notsituationen. "Was uns vor Ort genau erwartet, wissen wir nie", sagt Natascha Wronski.

Nicht selten sind ihre Einsätze mit viel Stress und körperlicher Anstrengung verbunden. Doch das macht der Frau mit den langen blonden Haaren nichts aus. Hart anzupacken, das ist für die junge Mutter kein Problem. Ebenso wenig, wie sich unter den männlichen Kameraden zu behaupten. Ja, sagt Natascha Wronski, sie kenne wohl so ziemlich jeden Frauenwitz. Und Sprüche wie "Frauen haben bei der Feuerwehr nichts zu suchen" hat sie auch schon mal gehört. "Da stehe ich drüber", sagt sie selbstbewusst und zuckt mit den Schultern. Frauen seien genauso gut in dem Job wie Männer. Punkt. Darüber diskutieren will sie nicht. Weil es nichts zu diskutieren gebe. Zwar sind nur gut sechs Prozent der rund 2600 Ehrenamtlichen bei der freiwilligen Feuerwehr Frauen. "Aber die Damen holen auf." Dass die männlichen Kollegen die 29-Jährige schätzen, zeigt allein die Tatsache, dass sie die Ur-Bernerin 2008 zur Wehrführerin wählten. Sie sei "Kumpeltyp und Respektperson" zugleich.

Wenn Natascha Wronski über ihr Hobby spricht, dann wird schnell klar, dass es für sie eigentlich viel mehr ist als ein Hobby. Die FF Berne ist Teil ihres Lebens. Die Feuerwehr ist wie ihre Familie - und ihre Familie ist in der Feuerwehr. Ihr Vater André Wronski, heute Chef der 87 freiwilligen Feuerwehren in Hamburg, trat bereits 1976 in die FF Berne ein. Und auch ihr Bruder Alexander ist "Freiwilliger". Schon als Kind habe sie gerne mit Feuerwehrautos gespielt, erinnert sich Natascha Wronski. Und nicht nur das - sie ist mit der FF Berne aufgewachsen, hat regelmäßig an Festen im alten Feuerwehrhaus von 1923 an der Straße Kuhkoppel teilgenommen und ist mit elf Jahren der Jugendfeuerwehr beigetreten. Den Freunden in der Schule erzählen zu können, dass der Papa bei der Feuerwehr ist, das habe sie schon damals stolz gemacht.

Ein Leben ohne die Einsätze, ohne Blaulicht, Adrenalin und die Kameraden, mit denen sie sich auch privat zu Grillfesten und zum Fußballgucken im Feuerwehrhaus trifft, kann sich Natascha Wronski nicht vorstellen. "Freundinnen fragen mich oft, warum ich meine Zeit für etwas opfere, wofür ich nicht einen Cent bekomme." Warum sie es trotzdem mache? "Wenn ich ein Haus rette, bevor es ganz abgebrannt ist, oder verhindere, dass ein Baum aufs Dach fällt, ist das Lohn genug." Neben dem guten Gefühl, anderen zu helfen, ist es die Kameradschaft, die eingeschworene Gemeinschaft, die Wronski begeistert. "Auf die Kollegen kann ich mich zu 100 Prozent verlassen."

Angst habe sie nicht, wenn sie mit dem Löschfahrzeug ausrücke. Auch bei ihrem bisher größten Einsatz 2004, einem Großfeuer in Sasel, bewahrte sie Ruhe. Aus einer Halle, in der Hunderttausende Feuerzeuge und Gasflaschen lagerten, schlugen meterhohe Flammen, die riesige Rauchwolke war schon von Weitem zu sehen. "Stundenlang haben wir mit mehr als 150 Einsatzkräften gegen das Feuer gekämpft. Zumindest konnten wir die Nebengebäude retten", sagt sie. An das Gefühl nach dem Einsatz kann sie sich gut erinnern: "Erschöpft, aber sehr glücklich."

Das größte Glück ist für Natascha Wronski jedoch ihre Familie - Tochter Kira und Freund Maik. Zwei Monate nach der Geburt hat Wronski wieder angefangen, an den Übungsdiensten der FF teilzunehmen. "Nun freue mich, wenn es wieder richtig losgeht", sagt sie. Muss sie zum Einsatz, passt Maik auf die Kleine auf. Mitglied der FF ist er übrigens nicht. "Aber er unterstützt mich." Immer, wenn der Alarm schrillt. Und das könnte schließlich jeden Moment passieren.