Hamburg. Noch bis zum 17. März findet das Projekt in Hamburg statt: Dabei geht es auch darum, wie Ältere ChatGPT und KI für sich nutzen können.

Dass künstliche Intelligenz so viel Spaß machen kann, hatte wohl keiner von den 16 Seniorinnen und Senioren erwartet, die sich am Vormittag des 13. März in der Bücherhalle Niendorf einfanden. In dem kleinen Seminarraum hinter der Bibliothek wollten die Besucher etwas über ChatGPT lernen, ein öffentlich zugängliches Computer- und Handy-Programm, das seit Ende 2022 für Furore sorgt.

Beim Vortrag von Jennifer Strobel löste das Können der Software dann auch Faszination, Überraschung und Heiterkeit aus. Die Bücherhallen-Leiterin testete nach einem kurzen Vortrag über die Historie und Funktionsweise der Software nämlich gemeinsam mit den Teilnehmern die Anwendungsbereiche des sogenannten Chat-Bots.

Bücherhalle Niendorf: ChatGPT, der Katzen-Marathon und Märchen auf Plattdeutsch

Zunächst ließ die Gruppe sich ein Märchen ins Spanische und dann ins Plattdeutsche übersetzen, um dann eine Glückwunsch-Karte für eine fiktive Tina mit einer Vorliebe für Katzen und Marathonläufe „in Auftrag“ zu geben. Das ChatGPT-Ergebnis sorgte für Lacher, besonders die Zeile „möge dein Geburtstag so episch sein wie ein Katzen-Marathon auf einem Muffin-Buffet“.

Auch einen Beschwerdebrief an einen erdachten Vermieter, der fälschlicherweise Dienste eines nicht vorhandenen Hausmeisters in Rechnung stellt, meisterte die Maschine in Sekundenschnelle. Zunächst schrieb das Programm einen Entwurf in bürokratisch-professioneller Sprache runter, um dann – auf Nachfrage – eine humorvolle Version zu präsentieren, die den Vermieter mit dem Satz adressierte: „Ich hoffe, Sie haben einen Kaffee in Reichweite, denn in Ihrer Nebenkostenabrechnung ist ein mysteriöses Wesen aufgetaucht – der Hausmeister!“

„Eingeloggt!“-Woche bietet 80 Veranstaltungen über das Hamburger Stadtgebiet verteilt

Der Bücherhallen-Vortrag gehört zu einer von 80 Veranstaltungen im Rahmen der „Eingeloggt!“-Woche, mit der die Körber-Stiftung und die Bücherhallen gemeinsam mit vielen anderen Einrichtungen in Hamburg die Digital-Kompetenzen der Zielgruppe 50plus ausbauen wollen.

Seit dem 11. März und noch bis einschließlich 17. März fanden und finden Workshops, Aktionen und Kurzseminare im ganzen Stadtgebiet statt, die dazu beitragen sollen, gerade bei Menschen, die nicht mit digitaler Technologie aufgewachsen sind, Berührungsängste abzubauen und ihnen die Möglichkeiten von generativer künstlicher Intelligenz (KI) im Alltag aufzuzeigen.

Fitnesstraining im „ExerCube“, Schrumpfen im Miniatur Wunderland

So konnten Teilnehmer beim Angebot „ExerCube – Mehr Interaktion, Motivation und Lebensfreude“ am 13. März im Hospital zum Heiligen Geist ausprobieren, wie man mit der Kombination aus Fitness und Gaming spielend fit werden kann. Der begehbare Würfel fungiert wie ein überlebensgroßes Videospiel, in dem der Nutzer – umgeben von drei Projektionswänden – zum Hauptcharakter wird und rasch exakte Bewegungen nachahmen muss, um Punkte zu sammeln. Seit 2021 stellt das Seniorenheim seinen knapp 1200 Senioren den Cube als eines von diversen Digitalangeboten zur Verfügung. Im Rahmen der „Eingeloggt!“-Woche konnten auch Externe das Gerät ausprobieren.

Kolumne „Von Mensch zu Mensch“:

Auf Fingernagel-Größe runterschrumpfen konnten sich Interessierte bei dem Event „Virtual Reality – Abenteuer im Miniatur Wunderland“, um dann Hamburgs beliebte Attraktion auf Augenhöhe zu entdecken. Natürlich ging es hier nur um die Perspektive, die die VR-Brillen ermöglichten.

Monika Pütz (66) ließ sich in der Niendorfer Bücherhalle erklären, welche Möglichkeiten sich mit ChatGPT bieten.
Monika Pütz (66) ließ sich in der Niendorfer Bücherhalle erklären, welche Möglichkeiten sich mit ChatGPT bieten. © Liv Sachisthal | Liv Sachisthal

Risiken und Nebenwirkungen von ChatGPT und Co.

Auch dem Niendorfer ChatGPT-Kurs wurde schnell deutlich, wie viel Möglichkeiten die Chatbot-Technologie bietet – von Texterstellung über Ideengenerierung bis hin zur Verarbeitung von Zahlen in Excel. Aber es gab auch Hürden zu überwinden. So musste die Gruppe erst herausfinden, wie sich die Bedienersprache in den Einstellungen von Englisch auf Deutsch umstellen lässt.

Und die Fragen nach den Quellen und der Richtigkeit der Informationen, bewegte die Teilnehmer immer wieder. Teilnehmerin Monika Pütz (66) ergänzte eine weitere Sorge: „Ich bin neugierig und finde es sehr interessant, wie vielschichtig das Programm einsetzbar ist, sehe aber auch die Gefahr der Datensammlung. Gerade Berufsanfänger sollten da vorsichtig sein, denn Arbeitgeber können sich informieren“.

Kollektives Visionieren mit künstlicher Intelligenz

Auftaktverantstaltung zur Eingeloggt!-Woche mit Informatik-Studenten der Uni Hamburg im Körber-Forum. Hier mit Doktorant Constantin von Brackel-Schmidt.
Auftaktverantstaltung zur Eingeloggt!-Woche mit Informatik-Studenten der Uni Hamburg im Körber-Forum. Hier mit Doktorant Constantin von Brackel-Schmidt. © Liv Sachisthal | Liv Sachisthal

Einen besonders innovativen Umgang mit ChatGPT zeigte die Eingeloggt!-Auftaktveranstaltung „Prompt-a-thon“ am Montagabend der Woche im Körber-Forum auf: Studierende und Doktoranden des IT-Management und Consulting-Teams der Universität Hamburg leiteten die rund 90 Anwesenden an, die künstliche Intelligenz in Kleingruppen mit möglichst sinnvollen und konkreten Anfragen – sogenannten Prompts – zu füttern. Ziel war es, verschiedene Settings, Hilfsmittel und Dienste zu kreieren, die das Altwerden in einer zunehmend digitalen Zukunft leichter und angenehmer machen.

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KI gibt Hamburgern Ideen für barrierefreies Wohnen und Leben

Dabei sollten die Ergebnisse in Form eines Bildes präsentiert werden, was jedoch nicht immer zur vollen Zufriedenheit der „Prompter“ ausfiel. Die Bild-Generierung, für die ChatGPT mit einer weiteren KI namens DALL-E zusammenarbeitet, schien noch optimierungswürdig. So wurde ein barrierefreies Haus von der KI immer wieder mit Treppen dargestellt, ein multifunktionales Fahrzeug für einen Rollstuhlfahrer mit hohen Möbeln ausgestattet. Die Ideen an sich hingegen – von technologisch-smarten und barrierefreien Wohn- und Lebensumgebungen bis hin zu Alltagsrobotern, die älteren Menschen helfen im Bus zu bezahlen sowie Navigation, Einkaufshilfe und vieles mehr übernehmen, schienen allesamt äußerst sinnvoll.

Liza Nehring ist Teamleiterin im Seniorenservice Harburg und stellte dort den Teilnehmern ihres Kurses die intelligente Sprachassistentin Alexa vor.
Liza Nehring ist Teamleiterin im Seniorenservice Harburg und stellte dort den Teilnehmern ihres Kurses die intelligente Sprachassistentin Alexa vor. © Liv Sachisthal | Liv Sachisthal

Etwas Science-Fiction im eigenen Haus

Eine künstliche Intelligenz, die viele bereits im Hause haben, ist „Alexa“. Wie die intelligente Sprachassistentin dazu beitragen kann, gerade älteren und eingeschränkten Menschen zu mehr und längerer Selbstbestimmtheit zu verhelfen, erläuterte Liz Nehring bei ihrem Vortrag am 12. März im Seniorenservice Harburg.

Die Teamleiterin der Einrichtung, die sich mit insgesamt sechs Veranstaltungen an der Eingeloggt!-Woche beteiligt, stellte den Besucherinnen ihres Vortrags eine ganze Bandbreite von Alexa-Diensten vor, die sich sprachbasiert anwählen lassen: Von Wecker, Einkaufsliste, Abfallkalender über Musik bis hin zur Steuerung anderer Systeme im Haus wie Licht, Rollos und Heizung, was ebenfalls möglich ist, sofern diese über eine kompatible Software verfügen. Dabei unternahm Nehring einige kleine, interessante Exkurse in die Welt der Science-Fiction, in der viele der aktuellen Technologien bereits vorgedacht wurden.

Alexa als Unterhaltungsprogramm für Einsame in Hamburg

Ilse Hagemann (77) sieht die Vorteile in der Sprachmaschine Alexa. Sie lebt alleine und könnte sich vorstellen, mit Alexa zu reden.
Ilse Hagemann (77) sieht die Vorteile in der Sprachmaschine Alexa. Sie lebt alleine und könnte sich vorstellen, mit Alexa zu reden. © Liv Sachisthal | Liv Sachisthal

Die Resonanz auf Alexa blieb bei den Zuhörerinnen zwiespältig: Während eine Teilnehmerin es erschreckend fand, dass eine Maschine „einem fast jeden Wunsch erfüllen kann, da braucht man ja keinen Partner mehr“, war es für Ilse Hagemann durchaus eine Option. Die 77-Jährige sagte: „Ich bin allein, habe sonst niemanden. Für mich wäre das also was zur Unterhaltung, vielleicht um ein Lied zu hören oder einen Witz.“ Auf diese Weise kann künstliche Intelligenz also mitunter sogar soziale oder psychologische Zwecke erfüllen.

Der persönliche Sinn des Lebens aus Sicht der künstlichen Intelligenz

Gefragt nach seinem persönlichen Sinn des Lebens, antwortete ChatGPT den Besuchern des Niendorfer Vortrags übrigens, es wolle den Menschen auf vielzählige Weisen dienen und eine positive Rolle in der Interaktion spielen. Keine schlechte Intention! Jetzt braucht es nur noch kompetente Menschen, die in der Lage sind, Chatbot-Daten verifizieren und bewerten zu können, um die Technologie sinnvoll einzusetzen. Gut, dass die jährliche Eingeloggt!-Woche so umfänglich zur Vermittlung dieser wichtigen Kompetenzen beiträgt.

Mehr Infos: https://hamburg.eingeloggt.net/