Parkinson-Erkrankte erlernen bei einem Workshop Übungen, die ihre Symptome lindern können – finanziert vom Abendblatt-Verein.

Geradeaus gehen und dabei abwechselnd ein Knie hochziehen. Ganz einfach? Dasselbe in Kombination im Zehenspitzengang und Fersen hochziehen – schon nicht mehr ganz so leicht. Solche Übungen können Menschen mit Parkinson durcheinanderbringen. Denn hier sind neben körperlicher Aktivität auch die kognitiven Fähigkeiten gefordert – beides wird bei der Krankheit in Mitleidenschaft gezogen.

„Dank der Unterstützung vom Abendblatt-Verein konnte unsere Selbsthilfegruppe ein Bewegungsprogramm für an Parkinson Erkrankte anbieten. Für diesen zweistündigen Workshop hatten wir einen Raum angemietet. Übungen und Spiele zur Stabilisierung von Gang und Gleichgewicht mit Mareike Schwed von der neurowerkstatt begeisterten die Teilnehmenden“, schrieb Bettina Köhler von Jung und Parkinson (JuP) Regionalgruppe Hamburg. Die Teilnehmer waren Männer und Frauen im Altern von 42 bis 72 Jahren, ohne sichtbare Symptome bis hin zu deutlichen Einschränkungen.

Bessere Beweglichkeit, Balance und Koordination

Diplom-Sportwissenschaftlerin Mareike Schwed ist spezialisiert auf einfache Übungen, die speziell bei Parkinson zu besserer Beweglichkeit, Balance und Koordinationsvermögen beitragen können. Die Leiterin der neurowerkstatt reiste aus dem Rhein-Main-Gebiet an: „Ich möchte, dass die Teilnehmer umgehend spüren, wie unser Bewegungstraining die Parkinsonsymptome lindert“, sagt die 45-Jährige. „Nach kurzer Zeit fühlen sie sich wie befreit von dem sogenannten Rigor. So wird der Zustand genannt, wenn der Körper sich sehr steif und unbeweglich anfühlt.“

Bei dem Bewegungsabend gab es verschiedene Varianten für das Vorwärts- und Seitwärtsgehen: weite Schritte, kurze Schritte, untergehakt im „Seemannsgang“ auf gerader Strecke schunkeln. Bettina Köhler gefielen die Bewegungsspiele am besten, zum Beispiel das „Autofahren“, bei dem sich vier Personen zusammenfanden, zwei vorne und zwei hinten. „Vorne links musste das imaginäre Auto steuern während vorne rechts ansagte, wann wir abbiegen sollten. Danach wurden die Rollen gewechselt. Die Herausforderung war, sich neu zu orientieren.“

Stürze lassen sich durch Training vermeiden

Wie wichtig Bewegungstraining ist, erläutert Mareike Schwed: „Stürze lassen sich durch geeignetes Training sehr gut vermeiden. Erschwerend kommt jedoch hinzu, dass die nicht motorischen Symptome die Betroffenen antriebslos und depressiv machen können. Wir wissen, dass regelmäßiges Training diese Symptome ebenso lindern kann.“ Den Teilnehmern erklärte Schwed, dass bei Parkinson Muskeln und Bewegungsapparat intakt sind, doch die Signale zur Bewegung zu schwach sind, oder sie werden nicht richtig ausgelöst. Durch spielerische und abwechslungsreiche Bewegung bekomme die Schaltstelle im Gehirn deutliche Signale zur Bewegung.

Teilnehmerin Ingrid Hauff staunte: „Ich habe gar nicht gemerkt, dass meine Hand aufgehört hat zu zittern, toll, dass dies so leicht passieren kann!“ Die Forschung hat in den letzten Jahren auch herausgearbeitet, dass Nervenzellen an den betroffenen Stellen im Gehirn vor schnellem Abbau bewahrt werden können. „Eine ganzheitliche Vermittlung und Durchführung von Bewegung ist entscheidend, um den Parkinson im Alltag an die Hand zu nehmen und selbst die Kontrolle zu behalten“, ist das Fazit von Dr. Schwed.

Bettina Köhler nimmt von diesem Abend mit, bewusst große Schritte zu machen und beim Sport auch den Kopf zu fordern. „Zum Beispiel werde ich künftig beim Nordic Walken kleine Rechenaufgaben lösen, auf dem Laufband lautlos ein Gedicht aufsagen. Denn wir haben an diesem Abend erfahren, dass unser Gehirn mit solchen durchaus lustigen Parallelaktionen besser neu lernen kann.“

Hier gibt es weiter Bewegungsworkshops:

Jung und Parkinson Regionalgruppe Hamburg: www.jup-hamburg.de Die neurowerkstatt bietet neben Workshops auch Onlinekurse an. www.neurowerkstatt.de

K3 | Tanzplan Hamburg bietet ab 20.1., 19.30 Uhr, mit „Dance well“ ein Bewegungsprogramm und Tanzangebot speziell für Parkinson-Erkrankte an. Kampnagel, P1, Jarrestraße 20. Karten zu 2 Euro pro Termin (insg. 4). Tel. 270 949 49, www.kampnagel.de