Volkstrauertag: Martin Lieb und Beatrice Bleß-Lieb beschreiben ihre Arbeit als ehrenamtliche Sterbebegleiter im Hamburger Hospiz.

Martin Lieb und Beatrice Bleß-Lieb haben es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen in Krisenzeiten zu begleiten. Das machen sie zum einem mit ihrer Firma als Coaches, aber auch seit Jahren schon als ehrenamtliche Sterbebegleiter für den ambulanten und stationären Bereich im Hamburger Hospiz Helenenstift. Im Abendblatt-Podcast „Von Mensch zu Mensch“ sprechen die beiden über ihr erfüllendes Ehrenamt, aber auch darüber, wie sie nach ihren persönlichen Tiefschlägen wieder die Kraft gefunden haben, positiv nach vorne zu schauen.

Der frühe den Tod des Bruders, der mit Mitte 40 an Krebs starb, gab unter anderem den Ausschlag dafür, dass Beatrice Bleß-Lieb sich vor zwölf Jahren entschloss, die rund fünfmonatige Ausbildung zur Sterbebegleiterin zu machen. Seitdem besucht sie ein- bis zweimal wöchentlich todkranke Menschen in ihrer Wohnung.

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Mehr dazu im Podcast Von Mensch Zu Mensch © Hamburg | Podcast Von Mensch Zu Mensch

„Ich spende vor allem Zeit, gehe auf die Bedürfnisse der Kranken ein. Aber ganz wichtig dabei ist vor allem auch die Entlastung der Angehörigen, damit die mal zwischendrin Luft holen können“, berichtet Beatrice Bleß-Lieb, die jahrelang als Innenarchitektin gearbeitet hatte, bevor sie wegen der Liebe zu Martin nach Hamburg zog und damit auch ihr berufliches Umfeld komplett neu gefunden hat.

Schon als Jugendliche Morbus Crohn

Die 61-Jährige kennt tieferschütternde Erlebnisse. Schon im frühen Jugendalter erkrankte sie an der chronisch entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn, hat schwere Operationen hinter sich, die sie fast das Leben kosteten, und lebt seit ihrem 19. Lebensjahr mit einem künstlichen Darmausgang.

In ihrem Buch „Lebensmutig“ – das sie gemeinsam mit ihrem Mann Martin Lieb verfasst hat, beschreibt sie eine traumatische Vergewaltigung während ihrer Ausbildung, bei der der Täter die damals 20-Jährige nicht nur im Wald, sondern auch anschließend in ihrer Wohnung missbraucht hat. „Ich habe das überlebt und auch verkraftet“, sagt Bleß-Lieb. Im Kampf gegen Trauma und Krankheit hat sie mehrere Wege zur Selbstverwirklichung gefunden: Sie läuft Marathons, bildet sich im Bereich Psychotherapie fort und begleitet Menschen auf ihrem letzten Lebensweg. „Martin und ich wissen, wie es sich anfühlt, wenn der Körper streikt, weil wir das von Jugend an kennen.“

Zu wenige Männer in Bereich der Sterbebegleitung

Ihr Mann Martin, studierter Sportwissenschaftler, der durch eine versteifende Titanstange im Rücken als behindert gilt, ist vor fünf Jahren in die stationäre Sterbebegleitung eingestiegen. Anders als seine Frau besucht er die Sterbenskranken im Hospiz. „Ich hatte anfangs große Berührungsängste, habe mir das Hospiz am Tag der offenen Tür erst einmal angeschaut und war erstaunt über den herzlichen, wertschätzenden Umgang miteinander und das viele Lachen in dem Haus. Der Leiter sprach mich dann an, weil es einfach zu wenige ehrenamtliche Männer in dem Bereich gibt“, sagt Martin Lieb im Podcast.

Bevor eine Begleitung beginnt, fragen die Hauptamtlichen die Gäste, ob sie sich einen Ehrenamtlichen an der Seite wünschen. „Viele Menschen wundern sich, dass sich jemand für sie interessiert und Gespräche mit ihnen führen möchte“, sagt der 56-Jährige. Die bittere Erkenntnis: Für einige sei er der Einzige, der sie regelmäßig besuche. „Die sind völlig alleine in der Welt.“ Die beiden sehen sich als Botschafter für dieses Ehrenamt – bei dem man laut Helenenstift als Voraussetzung „möglichst emotionale Stabilität, stabile Lebensumstände und Toleranz gegenüber anderen religiösen und moralischen Werten“ mitbringen sollte.

Der ganze Podcast unter: https://www.abendblatt.de/podcast/von-mensch-zu-mensch/

Infos zur Hospizarbeit unter T. 226 30 30 30, koordinierungsstelle-hospiz.de