Der Buchautor Stephan Marks gibt Tipps, wie man es schafft, in der Krise nicht abzustumpfen

Euro-Krise, Erderwärmung, Endzeitstimmung. Wer derzeit die Nachrichten einschaltet oder auch nur den Gesprächen anderer zuhört, kann sich eines beklemmenden Gefühls kaum erwehren. Unsere vertraute Weltordnung befindet sich offenbar in einer gewaltigen Abwärtsspirale.

Der Kapitalismus wankt, "die Märkte" fahren Achterbahn, die natürlichen Ressourcen gehen zur Neige, und unsere Politiker versuchen ebenso hektisch wie hilflos, die rasende Achterbahnfahrt zu stoppen. Fast unausweichlich gerät der Einzelne in eine lähmende Abwehrhaltung: "Ich kann das alles nicht mehr hören!"

Ablenken und auf Durchzug schalten, scheinen die einzigen Möglichkeiten, die eigenen Nerven zu schonen: "Das wird eines Tages alles zusammenkrachen, und machen können wir sowieso nichts!"

In dieser Haltung steckt eine große Gefahr, mahnt der Sozialwissenschaftler Stephan Marks. Er hat dem neuen Phänomen des Abstumpfens ein ganzes Buch gewidmet und ein Plädoyer dagegen geschrieben. Darin setzt er sich mit den Ursachen und Folgen dieser weit verbreiteten Geisteshaltung auseinander. Die Gründe scheinen klar, bewegen wir uns doch geschichtlich in überreizten Zeiten. Doch wie können wir konstruktiv darauf reagieren? Welche Haltung einnehmen, ohne einem naiven Alles-wird-gut-Denken zu verfallen?

Der Freiburger Autor Marks schöpft dafür aus der Tiefe: Und dort findet er vor allem die Hoffnung als menschlichen Wesenszug. Echte Hoffnung ist eine erwachsene Haltung, wie sie auch in den Psychotherapien diverser Richtungen vermittelt wird.

Sie blendet nicht aus, sie verkennt nicht die Katastrophen des individuellen Lebens und der Welt als Ganzes - doch bleibt sie nicht dabei stehen. Im Gegenteil: Diese Art der Hoffnung hat uns durch alle schrecklichen Zeiten hindurch zur Tat befähigt. Und das ist Marks' Lösungsvorschlag: Handeln, statt zynisch zu werden, im Kleinen Dinge verändern, statt auf das Große und Ganze zu schimpfen - das sind Strategien, um aus der Abstumpfung herauszufinden.

Nichts weniger als das, ist jetzt angebracht: dass wir unsere Gedanken und Ideen in die Gesellschaft tragen - ungeachtet dessen, ob sie sofort etwas "bringen" oder noch nicht ausgereift sind. Die "Occupy"-Bewegung ist dafür nur ein gutes Beispiel. Oder ein kleiner Straßenprotest. "Schon wenige Bürger können Veränderung bewirken", so Marks. So bringt es auch etwas, seinem Bundestagsabgeordneten oder seiner Zeitung zu schreiben. Denn jeder kann und jeder sollte an seiner Stelle das ihm Mögliche tun.

Stephan Marks: "Die Kunst, nicht abzustumpfen. Hoffnung in Zeiten der Katastrophen". Gütersloher Verlagshaus, 206 S., 19,99 Euro.