“Samt und Seife“ in Steilshoop gibt arbeitslosen Frauen wie der Afghanin Fasila eine Chance. Der Betrieb ist in Gefahr

Fasila H. sitzt hoch konzentriert an ihrem Arbeitsplatz. Vor ihr auf dem Tisch liegt etwas, das wie eine weiße runde Torte aus Stoff aussieht. Die 48 Jahre alte Afghanin nimmt ein kleines Brenneisen und steckt es in eine Stofffalte, zieht und dreht. Sie bearbeitet eine Halskrause, wie sie die Pastoren in Hamburg und Lübeck bei Gottesdiensten tragen. Jede der in zwei Lagen umlaufenden 100 Falten, die sogenannten Tollen, muss einzeln und bis zu sechsmal mit speziellen Heizstäben bearbeitet werden. Auf dem Tisch stapeln sich weitere "Stofftorten", die darauf warten, wieder eine pastorale Halskrause zu werden. Denn die Bearbeitung und Pflege dieser textilen Schmuckstücke, auch Neuanfertigungen, sind die Spezialität von "Samt und Seife" in Steilshoop, einem Unternehmen der Passage gGmbH. Zum Betrieb gehören auch das Secondhand-Kaufhaus "Rock und Rat" sowie eine Näherei, wo Taschen aus Werbebannern, Theaterkostüme sowie Paramente zur Ausgestaltung von Kirchen gefertigt werden. Der Service "Wäsche auf Rädern" richtet sich an ältere Menschen im Stadtteil, die wegen einer Erkrankung zeitweise nicht in der Lage sind, sich um ihre Wäsche zu kümmern.

"'Samt und Seife' wurde gegründet, um arbeitslosen Frauen eine Chance zur Wiedereingliederung zu geben", sagt Betriebsleiterin Heidrun Lüdtke. "Viele Frauen kommen aus dem Ausland, haben keinen Schulabschluss oder einen, der hier nicht anerkannt wird. Oft hapert es auch mit den Sprachkenntnissen. Die Frauen möchten arbeiten und können es auch, aber passen oft nicht in unseren Arbeitsmarkt."

Fasila H. floh vor mehr als 20 Jahren vor der russischen Besatzung ihrer Heimat nach Hamburg. "Ich brauche diese Arbeit", sagt die dreifache Mutter. "Meine Kinder sind noch in der Ausbildung, mein Mann ist schwer krank und kann nicht arbeiten."

Für die Afghanin bedeutet der Job in Steilshoop aber nicht nur, dass sie zum schmalen Budget etwas dazuverdient. "Ich gehöre dazu, ich werde gebraucht, ich bin etwas wert. Früher war ich in der Wäscherei, jetzt habe ich mich auf die Halskrausen spezialisiert", sagt sie stolz. Mehr als 300 Frauen haben bisher bei "Samt und Seife" gearbeitet. Etwa 20 Prozent wurden dann in dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse vermittelt und bekamen ordentliche Arbeitsverträge. Auch an Pflegeheime und Großküchen sind Arbeitskräfte vermittelt worden.

Doch jetzt steht der Betrieb, der in Räumen der Martin-Luther-King-Kirchengemeinde ansässig ist, vor großen Schwierigkeiten. Die Beschäftigten haben größtenteils Ein-Euro-Jobs. Durch die drastischen Kürzungen in diesem Bereich wird "Samt und Seife" seinen Service erheblich einschränken und finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. "Momentan haben wir elf Beschäftigte, unterbringen könnten wir aber 30", sagt Gudrun Stefaniak, Geschäftsführerin der Passage gGmbH.

Und Heidrun Lüdtke ergänzt: "Der Service 'Wäsche auf Rädern' für unsere älteren Mitbürger ist in Gefahr. Und wenn es uns nicht mehr gibt, fallen Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen weg, die ohnehin kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Und die Pastoren in Norddeutschland müssten um ihre Halskrausen fürchten."

Info: 40 Prozent seiner Kosten erwirtschaftet der Betrieb selbst, freut sich aber über jede Spende auf das Konto 1268 123 476, Haspa, BLZ 200 505 50, Stichwort "Samt und Seife".

Kontakt: Samt und Seife, Edwin-Scharff-Ring 41, 22309 Hamburg, Tel. 632 99 90, www.samtundseife.de