Rund 460 000 Hamburger engagieren sich bereits ehrenamtlich. Bei der Aktivoli-Freiwilligenbörse gibt es weitere Tipps.

Hamburg. Jens Bößiger ist nicht zu übersehen. Der Zwei-Meter-Mann, den alle nur "Balu" nennen, steht im Internationalen Seemannsclub Duckdalben am Billardtisch. Joebert Suarez, ein Seemann von den Philippinen, wartet schon, er will mit Bößiger eine Partie spielen. Der 30 Jahre alte Barmbeker verbringt an diesem Nachmittag seine Freizeit im Duckdalben - Bößiger arbeitet dort ehrenamtlich.

Damit ist er einer von rund 460 000 Hamburgern, die sich ohne Bezahlung für andere Menschen in Vereinen, Organisationen und Initiativen engagieren. Ehrenamtliche lesen in Altenheimen vor, helfen Kindern bei den Hausaufgaben, betreuen Trainingsgruppen in Sportvereinen, fahren Lebensmittel für die Hamburger Tafel aus, bringen Kleiderspenden nach Bosnien oder kleben Plakate für politische Parteien. Es gibt viele Gelegenheiten, seine Fähigkeiten und Kompetenzen zum Wohle der Bürgergesellschaft einzubringen.

Wer auf der Suche nach einem Betätigungsfeld ist, kann sich am Sonntag, 23. Januar, bei der Aktivoli-Freiwilligenbörse in der Handelskammer Hamburg informieren. Unter dem Motto "Hamburger Schätze - 1000 Freiwilligenjobs in unserer Stadt" stellen sich rund 140 Projekte vor.

Für Jens Bößiger ist ehrenamtliches Engagement selbstverständlich. "Ich habe Familie, Freunde und Arbeit. Deshalb möchte ich etwas von meinem Glück abgeben." Jahrelang hat der HSV-Sympathisant beim CVJM mitgearbeitet. "Aber dann fühlte ich mich zu alt für die Jugendgruppen." Den Seemannsclub Duckdalben kannte Bößiger vom Vorbeifahren. Er arbeitet in vierter Generation im Hafen und macht Schichtdienst am Container Terminal Burchardkai. "An einem Wochenende bin ich hergekommen und habe mich erkundigt, wie ich mitmachen kann. Die Atmosphäre war sehr herzlich, ich bin nett aufgenommen worden."

Mittlerweile ist er seit gut zwei Jahren dabei. Ungefähr alle zehn Tage lässt Bößiger sich fest in den Dienstplan eintragen, zwischendurch schaut er nach seiner Hafenschicht vorbei und macht für ein paar Stunden mit. "Am liebsten bin ich einfach im Klub und für die Seeleute da. Ich spiele mit ihnen Billard, helfe mal am Computer oder stehe hinter dem Tresen und verkaufe Getränke." Oder der Hamburger kurvt mit einem Duckdalben-Transporter durch den Hafen, um den Hol- und Bringdienst vom Schiff zum Klub und zurück zu bedienen.

Für viele Seeleute aus aller Welt ist das Haus an der Zellmannstraße 16 das Einzige, was sie von Hamburg sehen - die Liegezeiten der Schiffe sind kurz. Rund 35 000 Besucher aus 100 Nationen kamen im vergangenen Jahr in den Duckdalben, um mit der Familie zu telefonieren, E-Mails zu schreiben, im Andachtsraum zu beten oder ganz einfach ein paar Stunden der Enge eines Schiffes zu entkommen. Das gastliche Haus der Seemannsmission Hamburg-Harburg hat täglich zwischen zehn und 22.30 Uhr geöffnet.

"Wir brauchen mehr Menschen, die ehrenamtlich arbeiten", sagt Michael Edele, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Hamburg, die die Freiwilligenbörse organisiert. "Staatliche Zuschüsse sind zu gering oder fließen erst gar nicht." Und außerdem gebe es bei neuen Projekten oft die Auflage des Landes oder der Kommune, Ehrenamtliche zu verpflichten und so bürgerliches Engagement sicherzustellen.

Etwas zurückgeben von dem Guten, was ihm widerfahren ist, das möchte auch Ali Fahimi. Seit Juli engagiert sich der Sohn afghanischer Eltern bei der Organisation "Big Brothers Big Sisters". Der 23-jährige BWL-Student ist als Mentor Patenonkel auf Zeit für den acht Jahre alten Ahmet, dessen Eltern aus der Türkei stammen.

"Meine Familie ist 1986 aus Afghanistan nach Deutschland gekommen und hat in Billstedt eine neue Heimat gefunden", sagt Ali Fahimi. "Ich kenne mich im Stadtteil aus und weiß, wie Menschen ausländischer Herkunft sich fühlen." Einmal pro Woche treffen sich Ali und Ahmet, spielen Fußball oder Karten, fahren zum Hafen oder machen gemeinsam Hausaufgaben. "Meinen Eltern war Bildung für mich und meine vier Geschwister sehr wichtig", sagt Fahimi. Er hatte als Schüler außerdem ein Stipendium der Start-Stiftung, die zur Hertie-Stiftung gehört und Jugendliche mit Migrationshintergrund fördert. "Ich habe davon profitiert, dass Menschen für mich da waren."

Und genau deshalb kümmert sich der Student um seinen Tandem-Partner aus der zweiten Klasse, der auch in Billstedt wohnt. "Ich bin für einen bestimmten Teil von Ahmets Entwicklung mit verantwortlich und habe die Chance, Einfluss zu nehmen." Und Ali Fahimi lernt auch von Ahmet. "Der sieht alles noch mit Kinderaugen und macht vieles zum ersten Mal, zum Beispiel Bowlingspielen. Ahmet war total begeistert, und ich habe mich sehr darüber gefreut, dass er so viel Spaß hatte."

Hamburger Schätze: 1000 Jobs für Freiwillige, AKTIVOLI-Börse, So, 23.1., 11-17 Uhr, Handelskammer Hamburg, Adolphsplatz 1, Eintritt frei, www.aktivoli.de