18.578 junge Menschen aus 63 Ländern nahmen seit 1962 an den internationalen Workcamps des Volksbundes teil.

"Soldatengräber sind die großen Prediger des Friedens", sagte der Arzt und Humanist Albert Schweitzer. "Gräber lassen uns trauern, Gräber senden uns aber auch Botschaften - in einer Sprache, die jeder verstehen kann", sagte Bundespräsident Theodor Heuss, als er am Volkstrauertag vor Soldatengräbern stand.

65 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs werden diese Botschaften nach wie vor von Jugendlichen aus ganz Europa aufgenommen: Seit Jahrzehnten pflegen sie in internationalen Workcamps Kriegsgräber. Auf vielen der 827 Kriegsgräberstätten, die der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. (VDK) in 45 Ländern betreut, leisten sie damit einen Beitrag für Frieden und Versöhnung. Ein Beispiel für diese wahrhaft europäische Bewegung war etwa das Jugendcamp 2010. Seine Mitglieder aus Bulgarien, Frankreich, Lettland, Mazedonien, Polen, Türkei, Russland und Deutschland arbeiteten bei 33 Grad im Schatten auf der internationalen Kriegsgräberstätte in Hamburg-Ohlsdorf. Oder das dreiwöchige Hamburger Jugendcamp in Kirovsk bei St. Petersburg im vergangenen Jahr.

Hier halfen die jungen Deutschen auf den Friedhöfen Newskij Pitaschok und Sologubowka beim Pflegen und Erhalten der Gräber und gründeten Freundschaften mit jungen Russen. Den jungen Deutschen wurde auch ein Schauplatz des großen Sterbens enthüllt: die Schützengräben, in denen von 1941 bis 1944 um das von den Deutschen belagerte Leningrad (heute St. Petersburg) gerungen worden war. Sie waren bei der Ausgrabung und Umbettung deutscher Soldaten dabei. Und lernten am Ladogasee jene historische "Straße des Lebens" kennen, über die drei Jahre lang die hungernden Verteidiger und Zivilisten Leningrads gerade so versorgt werden konnten. 1,8 Millionen Russen, darunter 900.000 Zivilisten, starben damals in den Trümmern der Stadt.

Als Bundespräsident Richard von Weizsäcker während eines Staatsbesuchs nach dem Krieg in einem Bus durch diese Region rollte, fragte ein ordenbeladener Sowjetmarschall hämisch: "Nun, Herr Bundespräsident, kommt Ihnen diese Gegend vielleicht bekannt vor?" Worauf von Weizsäcker steinernen Gesichtes zurückgab: "Ich kenne sie nur zu gut und ich habe nichts vergessen! Hier hat mein Regiment im Winter 1942/43 die schwersten Verluste des ganzen Krieges erlitten."

Auch die zahllosen europäischen Jugendlichen, wo immer sie sich auf den Totenstätten des größten Krieges begegnen, werden nichts vergessen: "Die Arbeiten zwingen mich zum Nachdenken", sagte der italienische Schüler Angelo auf dem Friedhof Ohlsdorf. "Ich will etwas für den Frieden tun, der immer noch so unsicher ist. Wir wollen Freundschaften über die Grenzen hinweg schließen." Und Boris, 17, aus St. Petersburg meint: "Viele der Toten waren nicht älter, als wir es jetzt sind. Das bewegt mich sehr." Die Polin Pulina Alissa, 17, glaubt: "Die Weltkriege sind eigentlich unsere gemeinsame Geschichte und unsere gemeinsamen Schmerzen. Es scheint mir, als ob wir, die neue Generation, mit unseren gemeinsamen Kräften neue Kriege und Tragödien nicht zulassen dürften."

Denken wir daran: Menschen, die durch Kriege gestorben sind, erhalten ein "ewiges Ruherecht". Ihre Gräber sollen als Erinnerung und Mahnung für immer erhalten bleiben. Kriegstote sind Soldaten, Kriegsgefangene, Bombenopfer, Flüchtlinge, Zwangsarbeiter und Opfer von Konzentrationslagern.

"Was geschehen ist, dürfen wir nicht vergessen. Aber lassen wir den Hass hinter uns und reichen uns die Hände", forderte der Schweizer Markus Senn für viele. Und der Vater eines jungen Hamburger Gefallenen sagte, als er vor dem Grab seines Sohnes in der Normandie stand: "Wenn jedes Grab ein Protestschrei gegen den Krieg ist, dann sind die Soldaten wenigstens nicht vergeblich gefallen."

Gedenkstunde am Volkstrauertag: Sonntag, 14.11., 14 Uhr in St. Michaelis vom Senat der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge