Das Preisgeld von 60.000 Euro des HanseMerkur Kinderschutzpreises geht an Initiativen aus Hamburg, Dresden, Oberhausen und Wuppertal.

Moritz ist verzweifelt. Der 16-Jährige hat gerade entdeckt, dass im Internet Fotos von ihm kursieren. Die Bilder stammen von einer Party, bei der der Schüler betrunken über die Tanzfläche torkelte. Moritz weiß nicht, wer die Aufnahmen ins Netz gestellt hat. Er verdächtigt einen Klassenkameraden, der ihn schon oft verspottet hat, aber kann nichts beweisen. "Das ist so beleidigend und demütigend", denkt der Junge. Mit wem soll er jetzt darüber sprechen? Seine beste Freundin Julia weiß Rat und gibt ihm eine Telefonnummer - die "Nummer gegen Kummer". Hier kann Moritz sein Herz ausschütten und sich seinen Ärger über das sogenannte Cyber-Mobbing von der Seele reden.

0800-111 03 33 ist seit 30 Jahren die "Nummer gegen Kummer" und das bundesweit größte telefonische Beratungsangebot für junge Menschen. Was mit den ersten Sorgentelefonen in den 70er-Jahren begann und sich über die Gründung einer Koordinierungsstelle durch den Deutschen Kinderschutzbund (DKSB) professionalisierte, mündete 1994 in eine Dachorganisation in Wuppertal. In den rund 150 Telefonberatungsstellen, die von den lokalen Mitgliedsvereinen unterhalten werden, engagieren sich von Montag bis Sonnabend zwischen 14 und 20 Uhr mehr als 3900 ehrenamtliche Beraterinnen und Berater. 831 704 Anrufe nahmen sie im Jahre 2010 unter der für die Kinder und Jugendliche kostenlosen Rufnummer entgegen.

Die jugendlichen Anrufer sind meist zwischen zwölf und 17 Jahre alt, Mädchen (60 Prozent) greifen eher zum Hörer als Jungen (40 Prozent). Am Jugendtelefon betreuen sonnabends an 16 Standorten auch junge Ehrenamtliche zwischen 16 und 21 Jahren die hilfesuchenden Kinder. Die alljährliche Statistik des anonymen Beratungsangebots ist ein Spiegel der Themen und Problemfelder, die Jugendliche beschäftigen. An der Spitze standen auch 2010 die Themenbereiche "Partnerschaft und Liebe" (30,4 Prozent), "Sexualität" (24,7 Prozent) sowie "psychosoziale Probleme und Gesundheit" (23,5 Prozent).

Aber auch die mit den sozialen Netzwerken wie Facebook oder SchülerVZ verknüpften Themen wie etwa Cyber-Mobbing nehmen an Bedeutung zu. Die Prügelattacke von März 2011 in Berlin hat gezeigt, wie schnell Internet-Mobbing die virtuelle Welt verlassen und in der Realität ankommen kann: Ein junger Mann wollte seine Freundin vor massiven Beleidigungen ihrer Schulkameraden im Internet schützen und wurde von 20 Jugendlichen krankenhausreif geschlagen.

"Es sind nicht die tollen Chats mit den besten Freunden, über die mit uns gesprochen wird", sagt Lotte, eine 17 Jahre alte Ehrenamtliche bei der "Nummer gegen Kummer". "Es geht eher um illegal eingestellte Fotos, die die Betroffenen in peinlichen Situationen zeigen. Cyber-Mobbing kann Menschen zerstören. Hier zu helfen und zuzuhören bereichert. Darum bin ich gern für andere Jugendliche da."

Ebenso wie der HanseMerkur Kinderschutzpreis besteht der Verein "Nummer gegen Kummer" seit 30 Jahren. Geschäftsführer Rainer Schütz weiß, dass die Not der Anrufer oft schon groß ist, bevor sie sich der Beratung anvertrauen. "Wir hören zu und nehmen unser Gegenüber ernst", sagt Schütz. "Dabei geben wir keine Ratschläge, sondern fördern die eigenen Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen und stärken ihr Selbstbewusstsein."

Nummer gegen Kummer, Hauptpreis (20.000 Euro), Kleiner Werth 34, 42275 Wuppertal, Tel. 0202/25 90 59 15, www.nummergegenkummer.de