“Ich war satt vom Leben“, erinnert sich die junge Frau an ihren Suizid-Versuch. Sie hat überlebt, mit bleibenden Schäden. Ihre Mutter bittet um Hilfe.

Meine 23-jährige Tochter versuchte, sich am 3. Mai 2008 aus Liebeskummer das Leben zu nehmen. Sie stürzte sich aus dem vierten Stock eines Hamburger Hotels. Nach fünfwöchigem Koma und schlimmem Todeskampf begann ein harter Weg zurück ins Leben. Nach zahlreichen Operationen ist Jessica noch zu 60 Prozent schwerbehindert. Das akute Problem ist aber zurzeit der mehrfache Kieferbruch mit fast vollständigem Zahnverlust. Nur durch einen Knochenaufbau und Zahnimplantate ist für Jessica das Gesicht einigermaßen vernünftig herzustellen. Leider übernimmt die Krankenkasse die Kosten von 16 000 Euro nicht. Es ist möglich, ihr ein "einfaches Gebiss" einzusetzen. Dies würde bedeuten, dass sich ihr Kiefer mit der Zeit zurückbildet und ihr Gesicht weiter entstellt. Es handelt sich nicht um eine Schönheitsoperation, sondern darum, das Leben meiner Tochter wieder lebenswert zu machen. Die Kosten kann ich allein nicht aufbringen. Bitte helfen Sie meiner Jessica. Astrid B.

Es antwortet Dr. Reinhard Lindner, Leiter der Abteilung für Suizidgefährdete am UKE:

Kaum einer weiß, dass sich jährlich um die 10 000 Menschen in Deutschland das Leben nehmen. In Hamburg waren es 2008 allein 189 Menschen. Suizidversuche und Suizide sind immer Ausdruck einer schweren psychischen Krise. Suizidale Menschen sind meistens hoffnungslos, verzweifelt, fühlen sich gekränkt, verletzt, verlassen, dazu wütend oder voller Angst. In Deutschland sind die Auslöser sehr häufig Trennungen, Kränkungen und schwere Beziehungskonflikte. Die Menschen fühlen sich in ihrem Selbstwert und ihrer Identität tief verletzt. Nun muss beinahe jeder Mensch im Laufe seines Lebens Trennungen und Ablehnungen (auch und gerade vom Liebespartner) erleiden. Nicht jeder reagiert dabei suizidal. Vielmehr gehört dazu eine innere Bereitschaft, die sich meist in Kindheit und Jugend über verschiedene Erfahrungen und deren Verarbeitung entwickelt. Dies sind sehr individuelle Hintergründe, die z. B. im Rahmen einer Psychotherapie aufgefunden werden können. Suizidalität ist behandelbar. Zwar ist es nicht möglich, jeden Suizid zu verhindern. Aber viele suizidale Menschen sind durchaus sehr interessiert daran, einen Weg aus der Verzweiflung zu finden. Erste Anlaufstelle ist der Hausarzt, auch Verwandte, Freunde, Pastoren und Kollegen.

Der erste Schritt ist, den Betreffenden in seinem Erleben ernst zu nehmen. Suizidale Äußerungen zeigen immer an, dass es demjenigen schlecht geht. Natürlich können sie auch den Hintergrund haben, einen anderen Menschen umzustimmen, ihn wieder für sich zu gewinnen. Besonders in Gefahr sind dabei diejenigen, die sich zurückgezogen haben und über ihr Innenleben nicht mehr sprechen. Hat man die Befürchtung, jemand könnte den Gedanken an Suizid ernstlich erwägen, so ist es gut, ihn darauf anzusprechen. Der zweite Schritt ist dann, die angemessene Hilfe zu finden (Psychotherapeuten und Psychiater, Beratungsstellen, aber auch Kliniken für Psychiatrie). Eine Psychotherapie ist dabei immer auf Freiwilligkeit beruhend.

In Hamburg bietet das Therapie-Zentrum für Suizidgefährdete am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf eine spezifische ambulante psychotherapeutische Behandlung an: Mo-Fr 8.30 bis 12.30 Uhr. Bitte möglichst Terminvereinbarung, Tel. 4105 41 12.

Bitte, liebe Leser, ermöglichen Sie Jessica die umfangreiche Kiefer- und Zahnbehandlung: Haspa-Konto Von Mensch zu Mensch, 1280/202 001. Sollte mehr Geld als benötigt eingehen, dürfen wir es für ähnlich schwere Fälle ausgeben .