Die Tagesstätte des Hilfsvereins St. Ansgar ist eines von 824 Projekten, die das Hamburger Spendenparlament in 15 Jahren unterstützt hat.

Norbert und Peter sind Stammgäste bei Alimaus, der Tagesstätte für mittellose Menschen am Nobistor. "Hier können wir essen, uns waschen und ausruhen", sagt Peter, und sein Kumpel Norbert nickt. Beide Männer sind Mitte 40 und leben auf der Straße. "Ich habe gespielt und hatte hohe Schulden", berichtet Norbert. "Dann verlor ich auch noch meine Arbeit." Ehe kaputt, Wohnung zwangsgeräumt, der soziale Abstieg ging schnell. "Viel Würde bleibt da nicht übrig", sagt Peter, der durch Krankheit den Boden unter den Füßen verlor. "Bei Alimaus bekommen wir davon ein Stück zurück." In der Einrichtung des Hilfsvereins St. Ansgar ist jeder Bedürftige willkommen. Und Alimaus ist nur eines von 824 sozialen Projekten, die vom Hamburger Spendenparlament unterstützt werden. Das feiert jetzt seinen 15. Geburtstag.

Stephan Reimers hatte die erste Idee: "Hamburg war eine so reiche Stadt, und so viele Menschen hatten kein Dach über dem Kopf." Der damalige Leiter des Diakonischen Werks in Hamburg wollte etwas tun gegen Armut, Obdachlosigkeit und Einsamkeit. Reimers lud öffentlich zum Mitdenken ein. Förderer und Sponsoren sollten in einem demokratischen Verfahren über die Vergabe der Spenden bestimmen ( www.spendenparlament.de ).

Seit der ersten Sitzung im Februar 1996 hat das Spendenparlament bei 47 Treffen 824 soziale Projekte mit rund sieben Millionen Euro gefördert. Das Spendenparlament arbeitet ehrenamtlich und hat mehr als 3400 Mitglieder. Jeder kann sich anschließen und mitentscheiden, was mit dem gespendeten Geld und den Beiträgen geschieht. Dreimal im Jahr entscheidet die Versammlung über die Verwendung der Mittel.

"Ich habe zum ersten Mal echte soziale Not gesehen und erlebt, wie schnell man abstürzen kann." Diese Erkenntnis kam Dirk Bleese schon kurz nachdem er sein Engagement beim Spendenparlament begonnen hatte. Zwölf Jahre lang hat der frühere IBM-Manager den Verein als Vorstandsvorsitzender geleitet. Ein "anderes Gesicht der Stadt" habe er gesehen und eine "völlig andere Welt als im Beruf". Deshalb hängt sein Herz bis heute am Mitternachtsbus, der jeden Abend die Schlafplätze der Obdachlosen abfährt, um heiße Getränke, Brot, warme Decken und Kleidung, vor allem aber menschliche Wärme und Anteilnahme zu bringen. Rund 35 000 Euro hat dieses Projekt bisher bekommen.

Den ersten Zuschuss, den das Spendenparlament vor 15 Jahren bewilligte, bekam die Obdachlosentagesstätte "Mahl Zeit": 1400 Mark für eine Tiefkühltruhe und 7500 Mark für Lebensmittel. Die kirchliche Einrichtung in Altona gibt es heute noch: "Wir haben durchschnittlich 150 Gäste pro Tag", sagt die Leiterin Marion Sachs. "Ich habe nur wenig Geld und komme gern hierher", sagt Rainer F. "Vielen Dank ans Spendenparlament, dass die Mitglieder an Menschen wie mich denken."

Dass die Fördermittel gut angelegt sind, zeigt das Projekt Babylotse, das sich am Marienkrankenhaus der Hilfe für sozial schwache Familien während der Schwangerschaft verschrieben hat. "Während unserer dreijährigen Testphase hat das Spendenparlament uns 126 000 Euro bewilligt", sagt Kinderarzt Dr. Sönke Siefert. "Das war die größte Einzelsumme für ein Projekt." Mittlerweile läuft Babylotse auch in der Asklepios-Klinik Wandsbek.

Immer häufiger gibt das Parlament mittlerweile Geld für Projekte der Kinder- und Jugendhilfe, zum Beispiel den Verein Dolle Deerns. Die Organisation unterhält in Kirchdorf-Süd, Neu-Allermöhe und Lohbrügge Treffpunkte für Mädchen, hilft ihnen, mit Schule, Ausbildung und dem Leben überhaupt klarzukommen. "Dank der 19 000 Euro vom Spendenparlament können wir den Mädchen ein Mittagessen anbieten", sagt Koordinatorin Angelika Huntgeburth. "In vielen Familien wird ab Monatsmitte das Geld knapp, da bleiben die Mädchen dann hungrig."

Bei einem großen Fest auf dem Rathausmarkt am Sonnabend, 28. Mai, können sich alle Hamburgerinnen und Hamburger ausführlich über das Spendenparlament und eine Mitgliedschaft informieren. Von 11 bis 20 Uhr präsentieren sich die verschiedenen Initiativen, Bürgermeister Olaf Scholz wird den Markt der Möglichkeiten eröffnen.

Stephan Reimers ist heute 67 Jahre alt und pensioniert. Dass seine Idee seit 15 Jahren Früchte trägt, macht ihn stolz auf Hamburg und seine Menschen. "Als ich im April von der letzten Sitzung des Spendenparlaments nach Hause ging", sagt Reimers, "habe ich wieder einmal gedacht: Was für eine soziale Stadt! Wie viele Selbsthilfegruppen, Initiativen, Nachbarschaftshilfen sind Tag für Tag am Werk, um Menschen beizustehen, ihr Leben aufzuhellen oder zumindest erträglich zu machen!"