Zwei dreiste Diebe haben im Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium in Eimsbüttel das 100 Jahre alte Porträt der Namensgeberin entwendet.

Eimsbüttel. Generationen von Schülern hat sie morgens mit einem kaum merklichen und doch sanften Lächeln begrüßt. Auf dem sorgfältig frisierten dunklen Haar das Häubchen, gekleidet in der Tracht einer Bürgersfrau des 19. Jahrhunderts. Allein 91 Jahre blickte das Konterfei der Hamburger Frauenrechtlerin Emilie Wüstenfeld von ihrem Platz an der Wand im 1920 errichteten Schulgebäude an der Bundesstraße in Eimsbüttel herab. So als wollte die Frau den jungen Menschen, die zu ihr hoch schauten, sagen: "Gebt acht auf euch, lernt brav, damit was Ordentliches aus euch wird."

Jetzt ist das Gemälde verschwunden. Seit Montag blicken die 900 Schüler des Emilie-Wüstenfeld-Gymnasiums auf ein helles Rechteck an der weißen Wand über dem Springbrunnen in der Eingangshalle. Das Porträt der Schul-Namensgeberin Emilie Wüstenfeld (1817-1874) wurde am Montag gestohlen. Am Nachmittag betraten zwei junge Männer das Gebäude an der Bundesstraße, hängten das Bild samt aufwendig gestaltetem Goldrahmen ab und trugen es quer über den Schulhof davon. Eine zehnjährige Schülerin hatte sie dabei beobachtet und sich zunächst nichts dabei gedacht. "Es hätten ja Handwerker sein können, die das Bild zum Restaurator bringen", sagt Schulleiter Winfried Rangnick. Erst auf Nachfrage habe sich die Fünftklässlerin erinnert und die beiden Täter als "unfreundlich" und "gruselig" beschrieben. Den Wert des rund 100 Jahre alten Ölgemäldes im Format 80 mal 60 Zentimeter schätzt Schulleiter Rangnick auf 500 bis 1000 Euro. Es sei ein Unikat, der ideelle Verlust für die Schule ungeheuer groß. "Soweit ich weiß, besitzt die Schule dieses Bild seit ihrer Gründung im Jahr 1897", sagt Rangnick.

Die Geschichte um das gestohlene Bild wirft für Schulleiter Rangnick eine grundsätzliche Frage um die Sicherheit in Hamburgs Schulen auf. "Wir merken, dass hier jeder Schulfremde rein- und rausmarschieren kann." Vor allem an den Nachmittagen, wenn nur noch wenige Lehrer und Schüler in Kursen und Arbeitsgemeinschaften lernten, sei ein Überblick, wer sich im Schulgebäude aufhalte, unmöglich. "Der Hausmeister kann diese Aufgabe auch nicht übernehmen, der ist im Haus, auf dem Gelände oder extern beschäftigt und hat spätestens um 17 Uhr Feierabend." Der Bilderklau sei einer von vielen Diebstählen. Immer verschwänden Wertgegenstände, Geld oder Instrumente."

Diese Not betreffe die meisten Schulen. "Als offene Ganztagsschulen fehlen uns Pförtner oder Wachmänner. Dafür müsste uns die Behörde ein Budget zur Verfügung stellen."

"Der Kerngedanke des Schulleiters ist sehr gut", sagt Schultamtsleiter Norbert Rosenboom, "ist aber wie so viele Wünsche ein Frage des Geldes."

Früher habe der klassische Hausmeister diese Aufgaben erfüllt, auf dem Schulgelände gewohnt und sich für seine Schule verantwortlich gefühlt. Diese Zeiten seien vorbei. "Durch das EU-Recht sei vor vier Jahren die Residenzpflicht der Hausmeister an Schulen aufgehoben und deren Arbeitszeit fest geregelt worden." In Hamburg kommt eine Besonderheit hinzu. Die Hausmeister sind zu 75 Prozent ihrer Arbeitszeit für die Schulbau Hamburg und nur 25 Prozent an ihrer Stammschule tätig. "Wenn wir jetzt an allen Hamburger Schulen eine Art Bewacher installieren, dann sind das 400 zusätzliche Stellen. Wir können darüber nachdenken, aber im Vordergrund steht die Frage: Wie sollen wir das finanziell realisieren?"

Zum Thema Diebstähle sagt Rosenboom: "Da müssen die Schulen stärker ihre Wertgegenstände wie Instrumente und Geld sichern, die Räume stets abschließen."

Dem Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium hilft dieser Rat nichts. Die Wiederbeschaffung des Bildnisses der Namensgeberin will Schulleiter Rangnick belohnen: "Auch wenn sie etwas brav auf uns herablächelt, das ist uns unsere Emilie unbedingt wert."