In Barmbek nimmt die OKO Private School als privates Gymnasium den Betrieb auf. Warum Genies an normalen Schulen oft schlecht sind.

Barmbek-Nord. In seiner Schule in Bargteheide hat sich Finn die meiste Zeit gelangweilt. "In Mathe wurde immer alles dreimal erklärt. Wochenlang haben wir nur Addition und Subtraktion von Brüchen gemacht. Da habe ich nicht mehr zugehört und immer schlechtere Noten bekommen", sagt der elfjährige Junge. Martin, 12, erzählt, dass sein ehemaliger Sport- und Geografielehrer in München ihn den Geräteraum habe schrubben lassen, "weil ich mich im Erdkundeunterricht nicht konzentrieren konnte".

Johannes, 14, hat im Unterricht in einer Schule auf Sylt selten verstanden, was der Lehrer erklärt habe, und konnte als auf die rechte Hand umgeschulter Linkshänder beim Schreibtempo nicht mithalten. Schlechte Zensuren waren dann die Folge.

Die drei Jungen sind sogenannte schulische Minderleister, auch Underachiever genannt. Diese Kinder haben in der Regelschule meist Probleme, fallen durch schlechte Leistungen auf, obwohl ihnen eine besondere Begabung oder eine Hochbegabung attestiert wird. Jetzt hat die Hamburger Schulbehörde eine Privatschule genehmigt, die ihren Fokus auf Kinder wie Martin, Finn und Johannes legt. Am 1. August startet die OKO Private School - Talent-Schule Hamburg (OPS) als privates Gymnasium für Kinder ab Klasse 5 in ihren eben bezogenen Räumen in der ehemaligen Fachhochschule für Sozialpädagogik an der Saarlandstraße 30 in Barmbek-Nord den Betrieb. Die ersten Anmeldungen fürs Schuljahr 2011/12 liegen vor. Anfragen kommen aus dem gesamten Bundesgebiet.

Die OKO Private School ist aus dem von den Lehrern Gabriele und Johann Hartl gegründeten Institut für Orthografie und Konzentration - kurz OKO-Lehrinstitut - hervorgegangen. Es widmet sich seit 1985 teilleistungsgestörten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Einen Arbeitsschwerpunkt des Instituts bildet die Diagnostik, Beratung und das Coaching hochbegabter Kinder. "Die Idee, eine Schule zu gründen, stammt von unserem Sohn Justus", sagt Gabriele Hartl. Er habe als Hochbegabter eine Schullaufbahn als Underachiever hinter sich. "Er fühlte sich nach seinem Abitur verpflichtet, anderen Kindern diese Erfahrung zu ersparen." Die Idee fand Anhänger unter Eltern betroffener Kinder, die sich schließlich gemeinsam mit der Familie Hartl zur Schulgründung entschlossen. Die OPS wird bilingual und ganztägig laut Johann Hartl nach einem "völlig neuen didaktischen Konzept arbeiten". Zu den Merkmalen gehören kleine, altersunabhängige Lerngruppen je nach Lernstand, individuelle Bildungspläne, fortlaufend überprüfte und flexible Fördermöglichkeiten und viel Sport im Schulalltag. Denken und Bewegung gehören für viele dieser besonderen Kinder zusammen. Zurzeit lernen elf Schüler aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen mit sechs Lehrern und Pädagogen in der OPS. "Die Behörden in unseren Nachbarländern erlauben das. Hamburgs Kinder dürfen erst im August bei uns anfangen", sagt Gabriele Hartl. Simon, 12, ist einer der elf Schüler. "Er konnte in der normalen Grundschule nach drei Wochen in der ersten Klasse lesen und war dann sehr enttäuscht, dass es nicht weiterging", sagt Mutter Andrea Hirsch. Über die Schuljahre habe der Junge regelrecht abgeschaltet. "In der sechsten Klasse am Gymnasium konnte er sich mittags teilweise nicht erinnern, dass er in der Schule gesessen hatte." Gabriele Hartl sagt: "Bei uns brilliert der Junge."

Inhaltlich orientiert sich die OPS an den Hamburger Bildungsplänen. Im Schulkonzept spielen die Begriffe "compacting" und "enrichment" eine wichtige Rolle. Compacting ist - kurz beschrieben - eine Methode, den Lehrplan für einzelne Kinder so zu entrümpeln, dass sie Dinge, die sie schon wissen, nicht noch einmal hören müssen.

Die Enrichment-Methode bietet besonders begabten Schülern die Chance, sich geistig und intellektuell zu bereichern, ihren schulischen Alltag mit besonderen Themen zu verzieren. So will die OPS ihren Schülern durch Kooperationen mit Hochschulen auch das Frühstudium noch während der Schulzeit ermöglichen. "Das Ziel ist, dass jeder Schüler so effizient wie möglich unterstützt wird und so schnell er kann, so intensiv, wie er möchte, den Weg zum Abitur oder International Baccalaureate findet", sagt Gabriele Hartl.

In den ersten Jahren wird sich die von einem Schulverein getragene Privatschule allein vom Schulgeld in Höhe von maximal 200 Euro pro Kind, von Spenden und mit Sponsoren finanzieren. Frühestens im vierten Jahr wird es staatliche Zuschüsse geben.

Langfristiges Ziel der Schulgründer: neben der Genehmigung für das Gymnasium eine Erlaubnis zum Betrieb einer Grundschule zu erhalten, um sich als Langform- und Ganztagsschule für besonders und hochbegabte Kinder im Norden zu etablieren. Der Traum: "Eines Tages ein neues, modernes Schulgebäude zu bauen. Am liebsten in den Walddörfern", sagt die Schulvereinsvorsitzende Ute Haupt.