Damals transportierten die Kinder Tafel, Griffel und Fibel in ihren Ranzen

Hamburg. Heute sind sie knallbunt, bedruckt mit Blümchen, Dinosauriern oder Action-Figuren, haben eine ergonomisch geformte Rückseite mit Belüftungsrillen und sind Wasser abweisend. Vor 100 Jahren machten sich die Menschen weitaus weniger Gedanken über das Design und die Beschaffenheit des Schulranzens. Damals war der Ränzel, wie die Schultasche in Hamburg genannt wird, schlicht, aus Leder gefertigt und sollte möglichst lange halten. Besonders viele Utensilien hatten in den Tornistern jedoch nicht Platz.

"Die Schulanfänger hatten in ihrem Ranzen eine Schiefertafel mit Lappen, ein Etui mit Schiefergriffeln, eine Dose mit Naturschwamm und eine Fibel", sagt Fiete Bohlen, Mitarbeiter im Hamburger Schulmuseum. In einer extra Brottasche transportierten die Kinder, die damals alle mit sechs Jahren in einer Volksschule eingeschult wurden, ihr Frühstück. "Die Taschen hatten einen Metalleinsatz, damit die Butter nicht mit dem Leder in Berührung kam", sagt Bohlen.

Mindestens 50 Kinder hätten damals eine Klasse besucht. Jungen und Mädchen drückten getrennt voneinander die harten Holzschulbänke. Die Sprösslinge starteten ihre Schullaufbahn früher auch nicht in der ersten Klasse, sondern in der siebten (im zweiten Jahr die sechsts und so weiter). "Unterrichtet wurden sie in den Fächern Deutsch, Bibelkunde, Rechnen, Geometrie, Turnen, Zeichnen, Diktat und Lesen." Handarbeit hätten nur die Mädchen lernen müssen. "In Hamburg wurde ab 1914 die Hansa-Fibel im Unterricht eingesetzt", sagt Fiete Bohlen. Mit Rätseln, Märchen und Geschichten über die Figuren Heini und Lene lernten die Schüler das Abc.

"Generell war Schule für die Kinder damals aber nur eine Nebensache", sagt er. "Auch schon die Schulanfänger mussten einen Nebenjob ausüben, um Geld zum Familieneinkommen beizutragen." Entweder sie arbeiteten bereits vor der ersten Unterrichtsstunde um 8 Uhr oder nach Schulschluss um 12 Uhr mittags. Zu den typischen Nebenjobs zählten zum Beispiel das Flechten von Körben, das Kleben von Tüten, das Schuheputzen oder Hilfsarbeiten beim Bäcker. "Das war kein Zuckerschlecken für die Kinder", sagt Bohlen.

Ebenso wenig wie die Strafen der Lehrer, die ungehorsame Schüler mit dem Rohrstock schlugen. Eine Ausnahme habe es jedoch gegeben. Bohlen: "In Hamburg durften die Mädchen nicht gezüchtigt werden."