Carl ist einer von 14 900 Hamburger Erstklässlern. Er will rechnen, lesen, schreiben - und toben

Winterhude. Heute ist Carls großer Tag. Ab elf Uhr ist der Sechsjährige endlich ein Schuljunge. In der Winterhuder Reformschule an der Meerweinstraße feiert Carl seine Einschulung.

Aufgeregt? Carl schiebt die Unterlippe vor, denkt nach, dann schüttelt er den Kopf. "Nö! Ich weiß ja, was da passiert: Zuerst gehen mein Papa und mein großer Bruder Theo mit, aber dann mache ich allein weiter." Was Carl nicht verrät: Auch die Mama, die kleine Schwester Lili und die Großeltern werden dabei sein. Zudem wird Bruder Theo während der Einschulungsparty im Schulchor für Carl singen.

Carl hat klare Vorstellungen von dem, was ihn in den kommenden Jahren erwartet. "Ich lerne lesen, schreiben, rechnen", sagt er schnell. Dann hält er inne - so als warte er ab, ob das, was er da von sich gegeben hat, auch Zuspruch findet - und schiebt zur Sicherheit schnell ein "glaube ich" hinterher. Die Unsicherheit rührt aus einem eben geführten Schul-Fachgespräch mit Kita-Freundin Zoe her. Die hatte nämlich in den Raum gestellt, dass ja wohl Malen das wichtigste Unterrichtsfach sei, echte Nebensache dagegen die Fächer Lesen, Schreiben und Rechnen. "Wahrscheinlich lernt man das automatisch", sagt Carl und gibt mit einem glücklichen Lächeln den Blick auf seine ungleich großen Schneidezähne frei. "Ich freue mich auf jeden Fall auf den Turnunterricht!" Schon in seiner Kita Epiphanien hat er besonders gerne getobt. "Ich hoffe, dass wir da in der Schule auch viel toben dürfen." Das wird er auf jeden Fall mit seiner Lehrerin besprechen. Die kennt er nämlich schon ganz gut. "Frau Peters heißt die. Theo hatte die auch im ersten Schuljahr." Der achtjährige Bruder geht ab heute in die vierte Klasse und hat Carl das meiste, was man von der Schule wissen muss, erzählt. Auch der Weg zur Schule ist dem frischen Erstklässler schon vertraut. "Die liegt auf dem halben Weg von zu Hause zum Kindergarten." Die Strecke hat er schon viele Male mit Theo zurückgelegt, ist also bestens vorbereitet.

Seine Schultüte bekommt er heute erst kurz vor der Einschulungsfeier zu sehen. Carl weiß aber schon, was er darin finden wird: "Eine Armbanduhr. Die habe ich mir gewünscht. Und dann sind da wahrscheinlich noch ein paar nützliche Sachen drin." Vater Broder Jürgensen verrät, was genau: "Ein Fußball-T-Shirt, eine Federtasche, ein Sparschwein und ein paar Süßigkeiten."

Plötzlich kommt Carl ins Grübeln, stützt das Kinn auf die Hände. "Ich vermisse bestimmt die anderen Kinder hier und auch die Erzieherinnen." Ein paar Sekunden später strahlt der Junge wieder übers ganze Gesicht: "Aber ich komme ja zu Besuch zurück. Und außerdem sind in der Schule bestimmt neue Freunde."