Ausländer fordern Wahlrecht bei Volksentscheiden

Die Hitze war nicht das einzige Problem. Mindestens ebenso schwer wog am Sonnabend, dass alle auf das WM-Spiel hinfieberten. Und so fanden sich auf dem Rathausmarkt nicht annähernd so viele Menschen ein, wie von den Veranstaltern erhofft. Die Interkulturelle Elterninitiative hatte zur symbolischen Abstimmung aus Protest darüber gebeten, dass Hamburger ohne deutschen Pass am Volksentscheid am 18. Juli nicht teilnehmen dürfen.

"206 000 Eltern werden von der Abstimmung über die Primarschule ausgeschlossen", kritisiert Mülayim Hüseyin. "Von Migranten fordert man Integration, aber das gegliederte Schulsystem betreibt genau das Gegenteil." Der Anwalt, der sich in der Interkulturellen Elterninitiative engagiert, hat selbst zwei Kinder, die zweieinhalb und fünf Jahre alt sind: "Von wem sollen unsere Kinder denn besseres Deutsch lernen?" Wenn die guten Schüler aufs Gymnasium gingen und nur die schwächeren zurückblieben. Der Zyprer hat inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit, darf also beim Volksentscheid abstimmen, kämpft aber trotzdem mit der Elterninitiative um "eine Änderung des Abstimmungsgesetzes".

"Den Migranten bleibt nur die Möglichkeit einer zuschauenden Demokratie, weil uns das Wahlrecht verwehrt wird. Integration kann nicht nur eine Bringschuld sein", sagte auch seine Mitstreiterin Marina Mannarini, die italienische Wurzeln hat. Besonders kritisch sieht die Elterninitiative, in der sich etwa 30 Vereine engagieren, dass viele Hamburger abstimmen dürfen, die keine oder erwachsene Kinder haben. "Sie entscheiden darüber, wie unsere Kinder lernen", klagte Mannarini.

Unterstützung gab es von Klaus Bullan, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): "Wir alle wissen, dass Kinder mit Migrationshintergrund inzwischen an allen Schulen zahlenmäßig eine ganz bedeutende Rolle spielen. Es ist eine Schande, das eure Stimmen offiziell nicht zählen."

Das dürfte auch Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) bedauern. Von den 395 Demonstranten, die symbolisch abgestimmt haben, sprachen sich 350 für die Primarschule aus.