Das Goethe-Gymnasium hat für alle 60 Kollegen schon eigene Arbeitsplätze eingerichtet. Senatorin will an weiteren Schulen nachziehen.

Normalerweise steht Steffi Görris vor ihren Schülern und unterrichtet sie in Deutsch oder Spanisch. Jetzt aber ist gerade Paus, und die Lehrerin sitzt an ihrem Schreibtisch. So wie sie haben alle 60 Kollegen der 42-Jährigen am Goethe-Gymnasium in Lurup einen persönlichen Arbeitsplatz an der Schule. "Wir haben keine Hightech-Büromöbel, aber jeder hat hier seinen Platz, an dem er arbeiten und seine Sachen auch liegen lassen kann", sagt Schulleiter Egon Tegge.

Seit zwei Jahren haben alle Lehrer einen eigenen Schreibtisch. "Die Arbeitszufriedenheit hat sich dadurch deutlich erhöht", betont Tegge, der das Luruper Ganztagsgymnasium seit 2002 leitet. Gestern stellte er Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) das erfolgreiche Projekt "Nie mehr allein zu Haus - ein Arbeitsplatz für jede Lehrkraft in der Schule" vor sowie die Ergebnisse einer Begleitstudie, die den positiven Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit der Lehrer und ihre Gesundheit belegt.

"Die Entwicklung hier ist vorbildhaft. Sie haben als Gymnasium eine Vorreiterrolle", lobte die Senatorin. "Dass wir Lehrerarbeitsplätze schaffen wollen und sollen, darüber gibt es gar keine Diskussion, aber es wird nur Schritt für Schritt gehen", betonte Goetsch. Durch den Doppel-Abi-Jahrgang an den Gymnasien und durch die fünften und sechsten Klassen an den Primarschulen würden Räume an den Gymnasien frei, die man künftig für Arbeitsplätze nutzen könne. "Und wo umgebaut wird oder neu gebaut wird, werden solche Räume schon mitgedacht", sagte Goetsch.

Michael Ferck war einer der Ersten im Kollegium, die am Goethe-Gymnasium einen eigenen Schreibtisch bekamen. "Ich empfand das als Privileg, als ich hier an die Schule kam", erklärt der 43-Jährige, der Englisch und Sport unterrichtet. Sein Schreibtisch ist zwar sichtlich ein betagtes Modell, "aber hier hat man seine Ruhe, hier kann man arbeiten. Ich mache fast alles hier", sagt der dreifache Vater. Wenn er nun abends die Schule verlasse, habe er den Kopf frei, "weil ich alle Arbeiten schon hier an meinem Schreibtisch erledigt habe."

"Es ist lange vorbei, dass man Lehrer um halb zwei am Nachmittag auf dem Tennisplatz angetroffen hat", räumt Schulleiter Tegge mit einem alten Vorurteil auf. Freistunden und Pausen könnten Lehrer nun sehr viel effektiver nutzen.

Auch Nora-Heike Neukamm (42) sitzt sehr gern an ihrem Schreibtisch, um Korrekturen zu machen, Unterricht vorzubereiten oder sich mit ihren Spanischkolleginnen abzustimmen. Die Mutter von zwei Kindern arbeitet zwar in Teilzeit, hat deshalb weniger Präsenzzeit in der Schule, aber sie nutzt ihren Schularbeitsplatz dennoch sehr intensiv. Wenn sie jetzt ihre Kinder nach der Arbeit abhole, habe sie den Kopf frei, erklärt auch sie.

Ihren Bildschirm hat die Lehrerin übrigens von zu Hause mitgebracht, so wie einige ihrer Kollegen täglich ihre privaten Notebooks mitbringen. Grund sind die Finanzen: "Wir haben leider kein Geld, um alle Arbeitsplätze mit Computern auszustatten", bedauert Schulleiter Tegge.