Schon vor einigen Jahren hat Martin Giering die Bücherei an der Schule am Duvenstedter Markt aus dem Schattendasein befreit.

Hamburg. Vor der Tür stehen Dutzende Schuhe, drinnen sitzen Kinder auf Hockern, Fensterbänken oder einfach auf dem Teppich - und lesen. Es ist große Pause, und die Bücherei der Schule an den Teichwiesen in Volksdorf hat geöffnet. Heute sind die Drittklässler dran. Janna und Paulina (beide 8) gucken gebannt in ein Buch über Experimente. Felix (8) hat sich einen Krimi ausgesucht, Teresa (8) sucht im Regal nach Mädchen-Geschichten und Niels (8) hält einen Band über exotische Tiere in der Hand. "Ich leihe mir oft etwas aus und lese es zu Hause", sagt er. "Aber manchmal komme ich auch nur zum Stöbern. Es ist gemütlich hier."

In dem hellen freundlichen Raum erinnert nichts an angestaubten Mief früherer Leihbüchereien. Kein Schild verbietet lautes Sprechen. Stattdessen unterschiedlich hohe Holzregale voller Bücher, bunte Sitzwürfel, ein Container mit Bilderbüchern als Blickfang. Und besonderer Clou: Zwei Stufen führen auf ein teppichbezogenes Podest mit einer Bücherpyramide und einem großen Lesepult. "Wir wollten eine Atmosphäre schaffen, die zum Stöbern, Entdecken und Lesen einlädt", sagt Lehrerin Gundula Commentz (41) und schaut auf Martin Giering (45). Dass aus dem ehemaligen Chemieraum eine moderne Grundschulbücherei wurde, ist vor allem sein Werk.

Schon vor einigen Jahren hatte der gelernte Tischler und freiberufliche Handwerksmanager die Bücherei an der Schule seiner Kinder am Duvenstedter Markt aus dem Schattendasein befreit. "Es ist ein wichtiger Ort für die Schule geworden, an dem die Kinder gern sind und die Welt der Bücher entdecken können", sagt er. Inzwischen hat er zwei weitere Schulen bei der Umgestaltung ihrer Büchereien unterstützt - und will mit seinem Konzept Schule machen. "Ich möchte zwölf Hamburger Grundschulen eine kostenlose Planung und Beratung für die Einrichtung einer eigenen Bücherei schenken. Dazu: "Ich möchte für jede der zwölf neuen Büchereien einen meiner selbst entworfenen Büchertische stiften." Es gibt schon einige Interessenten, wie die Schule Müssenredder in Poppenbüttel. Bis zum Sommer will Schulleiter Gero Brüning mit Giering ein Konzept entwickeln.

An der Schule an den Teichwiesen, eine von 22 begabungsfördernden Grundschulen mit etwa 400 Schülern, ist die neue Schulbücherei ein voller Erfolg: Etwa 1000 Bücher stehen inzwischen in den Regalen, etwa die Hälfte wird über die Schulbibliothekarische Arbeitsstelle der Hamburger Bücherhallen über ein Leasing-Verfahren einmal im Jahr ausgetauscht. "Ziel ist, die Lesekompetenz zu fördern", sagt Lehrerin Commentz. Es gehe aber auch ums Recherchieren, beispielsweise für Sachkunde.

Der Anstoß für den Aufbau der Bücherei hatte sich durch eine Zielvereinbarung mit der Schulbehörde ergeben, die auch einen Teil der Kosten finanziert hat. "Aber das meiste haben wir durch Spenden selbst aufgebracht", sagt die Pädagogin. Allein die Möbel schlugen mit etwa 8000 Euro zu Buche. "Eine gute Investition." Gemeinsam mit Eltern und Unterstützung der Bücherhallen entwickelte die Schule eine Systematik und ein Verbuchungssystem. Die Ausleihe in den Pausen machen Mütter. "Das macht viel Spaß", sagt Sontje Eggert (43). "Die Kinder kommen gern und leihen sich Bücher aus." Oft beobachte sie auch, wie Gruppen zusammensäßen und sich gegenseitig vorlesen. "Eine gute Sache", sagt auch Mutter Andreas Puls (42). Das finden die Schüler auch. Als die Klingel das Ende der Pause ankündigt, gehen sie nur widerwillig. "Ich komme immer wieder", sagt Janna und zieht sich die Schuhe an. "Ich suche noch ein Buch über Küken. Ich soll zu Hause welche bekommen. Da muss ich mehr wissen."