Hamburgs Lehrer sollen in Zukunft bei anderen Schulen "abgucken". Die Bildungsbehörde startet ab Februar ein neues Internetportal, auf dem sich 30 Schulen vorstellen und Gruppen aus anderen Schulen zu Besuchen, Austausch oder Fortbildungen einladen.

"Viele Schulen in Hamburg haben besondere Stärken - vom individuellen Unterricht und jahrgangsübergreifenden Lernen bis hin zu bewährten Ganztagsschulkonzepten oder einer vorbildlichen Berufsorientierung", begründet Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) die Initiative für den Erfahrungsaustausch. Koordiniert und unterstützt wird der Aufbau des Netzwerks von der Agentur für Schulberatung im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung. Schulen, die sich an dem Austausch beteiligen, bekommen eine Entlastung von bis zu 16 Wochenstunden.

Eine der Vorbildschulen ist die Gesamtschule Winterhude, die schon seit Jahren auf individualisierten Unterricht setzt. "Die Hospitationen sind sinnvoll", sagt Schulleiter Martin Hensler. Schon seit Jahren kommen immer wieder Besucher aus ganz Deutschland und dem Ausland an die Schule. "Die wissen, dass wir vieles anders machen", sagt er. Inzwischen hat er zusammen mit Kollegen und Schülern ein Besucherprogramm für Gruppen bis zu zehn Personen entwickelt, um die Erfahrungen optimal weiterzugeben. "Es funktioniert sehr gut, solange man die Besuche als Anregung versteht. Aber man kann die Bausteine nicht komplett übernehmen. Dafür sind die Schulen zu unterschiedlich."

Neue Konzepte für den Übergang von der Schule zum Beruf, Integrationskonzepte, interkulturelle Ganztagsschulentwicklung, Gestaltung von Studienzeiten - die Themen des neuen Vernetzungsangebots orientieren sich an den Themen der Schulreform. So können sich Lehrer an der Schule Rellinger Straße in Eimsbüttel über den Unterricht in jahrgangsübergreifenden Lerngruppen informieren. "Das ist aber keine Einbahnstraße", sagt Schulleiterin Petra Stumpf, die 2004 an ihrer Schule altersgemischte Klassen eingeführt hat. "Zur Vorbereitung der Primarschule haben wir auch einige Schulen in Hamburg und auch eine in der Schweiz besucht." Die ersten Erfahrungen würden auch schon umgesetzt.

War gegenseitige Unterstützung noch bis vor einigen Jahren eher die Ausnahme, sehen angesichts des dramatischen Veränderungsdrucks immer mehr Lehrer die Notwendigkeit. So hat das Gymnasium Grootmoor in Bramfeld funktionierende Strukturen für ein erfolgreiches Projektmanagement entwickelt. "Wir sind mit 1340 Schülern und 104 Lehrern die größte Schule in Hamburg. Das kann ein Schulleiter allein nicht mehr steuern", sagt Direktor Rainer Hencke. Gemeinsam wurden neue Verantwortungsebenen aufgebaut, um Lehrer, Schüler und Eltern bei neuen Entwicklungen einzubeziehen. So wurde der Unterrichtsversuch "Alleskönner" zur Kompetenzorientierung nach vielen schulinternen Diskussionen einvernehmlich umgesetzt. "Wir nutzen Instrumente aus dem Qualitätsmanagement und der Organisationsentwicklung", sagt Rainer Hencke.

Natürlich sind die Schulen, die sich bereit erklärt haben, ihre Erfahrungen weiterzugeben, auch stolz auf ihre Arbeit. So arbeitet das Goethe-Gymnasium in Lurup schon länger an einem Konzept zur Gestaltung von Lehrerarbeitsplätzen. "Da sind wir führend", sagt Schulleiter Egon Tegge. Vom Prinzip "Best Practice" hält der erfahrene Pädagoge viel. "Offenen Unterricht hätte es in Hamburg nicht gegeben, wenn nicht einige Schulen angefangen hätten. Das Konzept hat sich dann per Schneeballsystem weiter verbreitet."