Stadt gründet “Sondervermögen“, das eigenständig Kredite aufnehmen kann. Opposition kritisiert “Schattenhaushalt“.

Hamburg. Rund 4,6 Milliarden Euro müsste Hamburg in den kommenden fünf Jahren in seine Schulen stecken, das Geld dafür ist jedoch nicht vorhanden. Um diesen Finanzierungsstau aufzuheben, hat der CDU/GAL-Senat gestern beschlossen, mit der Gründung eines "Sondervermögens Schule - Bau und Betrieb" zum 1. Januar neue Wege zu gehen. Vorteile: In der an die Finanzbehörde angebundenen öffentlichen Anstalt werden alle Aufgaben gebündelt, sie kann eigenständig Kredite aufnehmen und Aufträge vergeben. Die Opposition kritisiert das scharf als "Schattenhaushalt".

"Angesichts des Sanierungsstaus müssen wir den Schulbau neu organisieren", sagte Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL). Ziel sei es, alle Hamburger Schulen innerhalb von 15 Jahren zu sanieren und die auch für die Schulreform nötigen zusätzlichen Schulgebäude zu bauen. Die veranschlagten Kosten für die Reform in Höhe von rund 190 Millionen Euro sind in den 1,2 Milliarden Euro Neubaubedarf enthalten. Der Sanierungsbedarf liegt gar bei 3,4 Milliarden Euro und wächst Jahr für Jahr um etwa 180 Millionen Euro.

In dem Sondervermögen werden die Schulbauexperten der Schulbehörde, der Stadtentwicklungsbehörde sowie das "betriebliche Personal" der Schulen (zum Beispiel Hausmeister) zusammengefasst, ebenso die bislang von der Schulbehörde verwalteten Immobilien. Die neue Dienststelle soll für Bau, Instandhaltung und Bewirtschaftung der Schulen zuständig sein und die Gebäude an die Schulbehörde vermieten. "Das ist keine Privatisierung", betonte Goetsch. Alle 820 Mitarbeiter blieben Angestellte der Stadt.

Die Schulsenatorin verwies auf positive Erfahrungen mit der Auslagerung von Schulbauprojekten. So habe die Öffentlich-Öffentliche Partnerschaft (ÖÖP) mit der städtischen GWG Gewerbe beim "Modell Hamburg Süd" elf Prozent Kosten gespart. Südlich der Elbe soll die GWG dabei innerhalb von fünf Jahren 32 Schulen sanieren, neu bauen und 25 Jahre lang verwalten. "In diese Richtung werden wir weiterarbeiten, um den Instandhaltungs- und Sanierungsstau zu beheben", sagte Goetsch.

SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher nannte die Darstellung des Senats unseriös. "Es wird eine weitere Kreditaufnahme außerhalb des Hamburger Haushalts geben wie schon beim Sondervermögen Konjunkturstabilisierungs-Fonds und beim HSH Finanzfonds". Wie dort würden in den nächsten Jahren neue Schulden gemacht, und dennoch werde im Haushalt eine Kreditaufnahme von null stehen. "Genau dies nennt man Schattenhaushalt", so Tschentscher.

Diese Kritik wies Robert Heller, Staatsrat in der Finanzbehörde, energisch zurück: "Schattenhaushalte gibt es in Hamburg seit zwei Jahren nicht mehr, weil wir eine Konzernbilanz haben." Sie weise alle Schulden aus. Das Sondervermögen könne anstehende Aufgaben um 3,2 Prozent günstiger abarbeiten als das in den heutigen Strukturen möglich sei. Kredite aufzunehmen sei sinnvoller als zuzusehen, wie der Wert der Schulgebäude jedes Jahr um 180 Millionen Euro sinke.

Dora Heyenn, Fraktionschefin der Linkspartei, sprach von einem "Skandal" und "Missachtung des Parlaments", weil der Senat den Zwischenbericht zum "Modell Hamburg Süd" trotz Aufforderung noch nicht der Bürgerschaft vorgelegt habe. Sie zweifelte auch Aussagen des Berichts an. Auch Linke-Finanzexperte Joachim Bischoff übte scharfe Kritik: "Das Sondervermögen Schulbau reiht sich ein in die Kette von Finanztransaktionen und Schaffung von Nebenhaushalten, die allen Vorstellungen von Wirtschaftlichkeit, Effizienz und sorgsamem Umgang mit öffentlichem Vermögen hohnsprechen."