350 Schüler und 230 Lehrer aus ganz Deutschland treffen sich noch bis zum Sonnabend auf Kampnagel.

Hamburg. Kurz, kurz, kurz - lang, lang, lang - kurz, kurz, kurz. "Das SOS-Zeichen ertönt immer, wenn wir eine neue Szene einleiten", sagt Friederike (20). Zusammen mit 13 Mitschülern des Kleinmachnower Gymnasiums probt sie im Antoni-Park (Park Fiction) auf St. Pauli, einem Platz mit stählernen Palmen und Blick auf den Hafen. "Schau.Spiel.Szenen" heißt das Stück der 14-köpfigen Theatergruppe aus Brandenburg. Es geht um Meer, Sehnsucht, die Eroberung einer Insel. "Die Schüler haben versucht einzubeziehen, was man von hier sieht", sagt Lehrerin Kathrin Heilmann.

So wie der Platz über der Elbe verwandeln sich in dieser Woche viele Orte der Stadt in eine Bühne. Bis Sonnabend ist Hamburg Gastgeber des größten Schultheaterfestivals Europas, dem Schultheater der Länder. Aus jedem Bundesland wurde die beste Produktion ausgewählt. Dazu kommt eine Gruppe aus St. Petersburg. 350 Schüler, 230 Lehrer sind beim 25. Jubiläum dabei. Das Programm umfasst zudem Workshops und eine Fachtagung. Zentraler Spielort ist Kampnagel, gemäß dem Motto des Festivals "spiel:platz = stadt:raum" wird an den Landungsbrücken, am Hühnerposten, im Einkaufszentrum Hamburger Straße gespielt.

Auf dem Schaarmarkt in der Neustadt stehen 20 Jugendliche in Gummistiefeln in einem Brunnen. Vor und zurück. Immer wieder scheucht Lehrer Ede Müller die Schüler des Theaterkursus der Kasseler Jacob-Grimm-Schule durch das Wasser. "S' tropft" lautet der Titel der Theaterszenen, die ursprünglich für ein baufälliges Hallenbad entwickelt worden waren - und jetzt in den Hamburger Springbrunnen verlegt wurden.

Das Schultheater der Länder wurde 1985 in Hamburg von der Körber-Stiftung ins Leben gerufen, um Theater als reguläres Unterrichtsfach an den Schulen zu etablieren. Seitdem wird es wechselweise von den Bundesländern ausgerichtet. "Wenn Schüler aus ganz Deutschland sich treffen und ihre Theaterbegeisterung austauschen, dann schwappt etwas über", sagt Projektkoordinatorin Gabriela Bähr vom Fachverband Darstellendes Spiel (DSP). Theater als Ort der Wissensvermittlung. Bislang erkennt allerdings nur Niedersachsen DSP als eigenständiges Unterrichtsfach an und bildet auch Referendare aus. "Das Interesse an Schultheater wächst, doch wir können den Bedarf an Lehrern kaum decken", klagt Bähr. In Hamburg wird DSP seit 1980 als Wahlpflichtbereich teilweise schon ab Klasse 7 angeboten. An zahlreichen Gymnasien ist es Abitur-Prüfungsfach.

Bei den meisten Schülern steht erst einmal die Begeisterung fürs Theaterspielen im Vordergrund. "Es ist ein toller Ausgleich, um den Kopf frei zu bekommen und den Schulalltag hinter sich zu lassen", sagt Paul (18) vom Gymnasium Jessen aus Sachsen-Anhalt. Dass man in einer Rolle aufgehen kann, ist die Motivation für Madlin (17) aus dem schleswig-holsteinischen Rendsburg, die mit ihrer Theatergruppe ein sozialkritisches Stück über gesellschaftliche Außenseiter einstudiert hat. "Das wir nach Hamburg eingeladen worden sind, ist eine große Ehre", sagt sie.

Im Antoni-Park auf St. Pauli haben die Theaterschüler aus Brandenburg jetzt ihre Instrumente ausgepackt und machen laut Musik. Passanten bleiben stehen und gucken. "Das Wichtigste ist, dass wir das Publikum begeistern", sagt Sophie (14).