Du hast Mut, Selbstbewusstsein und bist neugierig auf eine fremde Kultur? Dann spricht nichts gegen einen ausgiebigen Schüleraustausch.

Hamburg. Neue Freundschaften schließen, Sprachkenntnisse vertiefen oder ein Land besser kennenlernen: Aus diesen Gründen verbringen jährlich mehrere Hundert Hamburger Schüler ein Jahr im Ausland. Wer sich für einen Schüleraustausch interessiert, sollte sich im Vorfeld einige wichtige Fragen stellen: Ist man in der Lage, sich in eine fremde Familie mit anderen zu integrieren? Ist man mutig genug, um auf fremde Leute zuzugehen? Hat man das nötige Selbstbewusstsein? Wer alle Voraussetzungen erfüllt, muss es nur noch seinen Eltern schonend beibringen.

Auch Pia Zapp, 16, Schülerin des Gymnasiums Bornbrook, verbrachte das Schuljahr 2009/2010 in Kanada, sie war mit der Organisation GIVE (Gesellschaft für Internationale Verständigung mbH) unterwegs. Sie kann ein Auslandsjahr nur weiterempfehlen. "Man gewöhnt sich daran, nur noch Englisch zu sprechen, und es wird einfacher, indem man mit Leuten redet", erklärt Pia.

Das kanadische Schulsystem fand sie interessant. "Vieles ist anders als bei uns", sagt sie. Man habe nur vier Fächer pro Woche, die man frei wählen könne. Die Schulfächer dort sind zudem stärker berufsbildend. Es wurde zum Beispiel Kochen, Modedesign, Automechanik, Journalismus angeboten, die einen sehr gut auf das spätere Leben vorbereiten." Ebenfalls beeindruckend fand sie das Weihnachtsfest: "Jeder hatte eine große Socke über dem Kamin hängen, die nachts gefüllt wurde", erinnert sie sich. Schon um sechs Uhr früh stürzten sich ihre Gast-Geschwister auf die Geschenke. "Es war wie im Film."

Für Schüler sind Auslandsaufenthalte von einer Woche bis hin zu einem Jahr möglich, wobei sich die Gast-Geschwister bei kürzeren Austausch-Zeiträumen meist gegenseitig besuchen.

Reisen kann man praktisch in jedes Land. Australien und Neuseeland sind sehr beliebt, deshalb ist es dort oft schwer, eine Gastfamilie zu finden - im Gegensatz zu Frankreich.

"In diesem Schuljahr unternahmen bislang 499 Schüler ein Austauschjahr", sagt die Sprecherin der Behörde für Schule und Berufsbildung. Insgesamt sinkt die Teilnehmerzahl bei Auslandsaufenthalten in Hamburg. Fast doppelt so viele Schüler (821) meldeten sich im Schuljahr 2007/2008 noch für ein Austauschjahr an. 2008/2009 verreisten nur 406 Jungen und Mädchen. 2009/2010 waren es 414 Schüler.

Interessenten können sich bei Austauschorganisationen, der Behörde für Schule und Berufsbildung für Schüleraustausche nach Kanada, Frankreich und Australien bewerben. Meist hat auch die eigene Schule eine oder mehr Partnerschulen, mit denen regelmäßig Austausche stattfinden. Die Kosten sind leider nicht immer für jeden bezahlbar, deshalb kann eine finanzielle Förderung des Schulbesuchs im Ausland durch die Behörde beantragt werden. "Die Höhe der Förderung ist einkommensabhängig", erklärt die Behörde. Sie kann bis zu 5000 Euro betragen und bei einem halbjährigen bis zu 2500 Euro. Außerdem kann man sich für ein Stipendium bei der jeweiligen Austauschorganisation bewerben.

Wer gerne in ein Land reisen möchte, dessen Sprache er nicht spricht, sollte sich darum keine Gedanken machen, denn man lernt diese dort praktisch von alleine. Das bestätigt Michel Krempin, 17, der wie Pia sein zehntes Schuljahr im Ausland verbrachte. "Ein Freund von mir fuhr ohne ein Wort Finnisch zu sprechen nach Finnland und schon bald konnte er es fließend", sagt er. Michel selbst reiste mit der Austauschorganisation YFU (Youth For Understandig e. V.) ins amerikanische Boston.

Dort wurde er von seiner Gastfamilie wie ein eigener Sohn aufgenommen. "Das half mir, mich schnell einzugewöhnen", erinnert er sich. Ihm fiel auf, dass die Amerikaner einen sehr großen Schulspirit haben. "Die Schüler mögen ihre Schule sehr und es gibt diverse Utensilien, wie Jacken, Mützen und Pullover, mit dem eigenem Schul-Logo für jeden Schüler", sagt Michel. Sich in Deutschland wieder einzuleben und den verpassten Schulstoff nachzuholen, war für Michel kein Problem. "Nur die Freunde hatten sich ein wenig verändert", erklärt er. Dennoch gefiel es ihm so gut, dass er am liebsten gleich noch ein Jahr dort geblieben wäre. "Ich überlege, ob ich mein Studium in den USA machen werde", sagt er.