Der Neuntklässler Thilo Manys beschreibt die Faszination von “Counter-Strike“, des beliebten, aber umstrittenen Ballerspiels.

Hamburg. Wie stellt man sich den typischen "gamer" vor? Vermutlich etwas übergewichtig, einsam und desinteressiert am Tagesgeschehen. Das Gegenteil ist laut einer Studie der OECD (Organisation for Economic Coorperation and Development) der Fall. Die "Zocker" verfügen nicht nur über einen überdurchschnittlichen Bildungsgrad, sondern 40 Prozent sind auch laut Studie interessiert am Tagesgeschehen. Sie lesen regelmäßig, aber nicht ausschließlich Spielemagazine. Sie mögen zwar Technik-Freaks sein, aber verbringen nicht den ganzen Tag vor dem Bildschirm. Die Hälfte der Befragten gab in der Studie an, dass sie einen großen Teil ihrer Freizeit mit sportlichen Aktivitäten verbringen und sich regelmäßig mit Freunden treffen.

Die meisten Spieler kann man im Internet treffen. Denn bei Team- oder Strategiespielen hat man fast unbegrenzte Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen, trifft Leute aus aller Welt und kann mit ihnen gemeinsam spielen. Man taucht in eine andere Welt ein und kann das machen, was im realen Leben unmöglich wäre. Zudem erholt man sich beim Spielen vom stressigen Alltag. Das schätzen nicht nur junge Männer, auch Frauen finden immer mehr Gefallen am Spielen.

Außerdem kann man seine Fähigkeiten unter Beweis stellen. Und sogar beim Spielen richtiges Geld verdienen. Dazu muss man sich für die EPS, die angesehenste Bundesliga für Computerspiele, qualifizieren. Es ist die höchste Liga in der ESL (Electronic Sports League).

Wer in dieser Liga spielt, gehört zu den Besten der Welt. In der Liga werden regelmäßig Wettbewerbe veranstaltet, in der die verschiedensten Mannschaften gegeneinander antreten. Dem Sieger winken bei internationalen Meisterschaften wie den World Cyber Games mehr als 10 000 Euro Preisgeld. Ich denke, es ist einer der größten Reize, einmal in der EPS zu spielen.

Eines der dort meistgespielten Online-Ego-Shooter ist "Counter-Strike". Dieses Spiel musste schon heftige Kritik einstecken, da es als "Ballerspiel" die Gewaltbereitschaft der Spieler erhöhen soll. Doch das Töten des gegnerischen Teams ist nicht das einzige Ziel des Spiels. Es geht eher darum, mit seinem eigenen Team dem anderen taktisch überlegen zu sein. Dabei versucht man zum Beispiel, als Terrorist eine Bombe zu legen und als Antiterrorist (Polizei) dies zu verhindern. Dabei muss man taktisch vorgehen. Teamplay ist hier das Schlüsselwort, es reicht nicht, einfach reinzulaufen und zu hoffen, dass alle aus dem gegnerischen Team sterben. Es geht darum, der Beste zu sein oder das bessere Team zu sein. Ich spiele auch "Counter-Strike", nicht nur, aber hauptsächlich.

Und das Spielen von Ego-Shootern macht nicht aggressiv. Es ist schon so, dass man etwas frustriert ist, wenn das eigene Team nicht gerade gut ist, doch dieser Frust schlägt um, wenn mal eine Runde gewonnen wird. Dann überwiegen die Glücksgefühle den Frust und man hat wieder Spaß am Spielen. Es gibt auch mal schlechte Tage, wie beim Fußball.

Gefährlich kann es nur werden, wenn der Spieler Realität und Spiel nicht mehr unterscheiden kann und er sich nur noch in das Spiel flüchtet.

Menschen mit einem starkem Ich, also einer gefestigten Persönlichkeit, kann das kaum passieren. Es sind eher die betroffen, die sich leicht beeinflussen lassen. Ich finde, dass das Spielen mich beruhigt und nicht aggressiv macht. Man erlebt Glücksmomente und kann zeigen, was man draufhat. Man taucht ein in eine andere Welt, eine Welt ohne Grenzen. Wenn ich spiele, merke ich auch oft nicht, dass ich schon fünf Stunden dabei bin, weil ich so im Spiel gefesselt bin. Manchmal ist es so, als würde mein Unterbewusstsein immer weiterspielen.

Es ärgert mich, wenn man "Counter-Strike" verdammt, obwohl man es noch nie selber gespielt hat. Auch das "viele" Blut, das am meisten kritisiert wird, dient dazu, das Spiel möglichst realitätsgetreu darzustellen. Im Krieg fließt schließlich auch Blut.

Ich hoffe einfach, dass man noch einmal über das Verbot, das vielleicht verhängt wird, öffentlich diskutiert und auch die Spieler einmal in diese Debatte mit einbezieht. Damit auch wir einmal unsere Ansicht dazu äußern können.