Schon Grundschüler stehen auf teure Markenklamotten. Schrecklich findet das die Autorin Jessica Taube vom Gymnasium Othmarschen.

Hamburg. Am Montagmorgen in der Pause stand ich mit ein paar Freunden auf dem Schulhof und beobachtete die Viertklässler beim Fußballspielen. Was uns allen auffiel, war die Kleidung, die sie trugen: Röhrenjeans, Boxershorts, ein Hemd oder eine Pulloverjacke und natürlich - um das Outfit perfekt zu machen - Sneakers. Viele meiner Freunde waren der Meinung, sie hätten erst in der siebten Klasse angefangen, sich Gedanken über ihre Kleidung zu machen. Eine meiner Freundinnen meinte auch: "Als ich noch so alt war wie die, hab ich die Klamotten von meinem großen Bruder getragen!" Wenn man sich aber nun umschaut, sieht man die Mädchen, gerade zehn Jahre alt, schon in ihren "Ugg-Boots" herumlaufen, an ihrem Arm baumelt eine "Longchamp"-Tasche und von oben bis unten prangt das "Hollister"-Zeichen - so, als wollten sie nur noch deutlicher machen, wie reich sie sind. Wenn man diese Viertklässler so sieht, kommt man natürlich ins Grübeln, ob man auch so war oder ob man sich einfach anders gesehen hat. Vielleicht hat dieser ganze Modewahn etwas mit Gruppenzwang zu tun oder mit dem Wunsch, so zu sein wie die größeren Geschwister? Bedeutet modisch zu sein denn auch unbedingt, Markenkleidung zu tragen? Es scheint so. Sonst würde man doch eine Strickjacke von H&M für 15 Euro kaufen und nicht eine Strickjacke, die genauso aussieht, nur mit dem Unterschied, dass sie 50 Euro kostet und oben eine kleine Möwe aufgenäht ist.

Wenn man am Sonnabend im Elbe-Einkaufszentrum am Laden der Marke "Hollister" vorbeigeht, sieht man eine lange Schlange von Menschen, die darauf warten, hineingelassen zu werden. Es ist irgendwie total verrückt, dass es tatsächlich Menschen gibt, die eine halbe Stunde anstehen, nur um in einen kleinen, stickigen Laden zu gehen, in dem man mit: "Hi, what's up, welcome to Hollister" begrüßt wird? Und um noch einen draufzusetzen, sind die Verkäufer auch noch alle Models. Da kommt man sich dort wie das hässliche Entlein vor. Und dann quatschen sie einen noch auf Englisch zu. Und um sich in die kleinen, engen Hollisterhosen reinquetschen zu können, versuchen etliche Mädchen, sich auf 30 Kilo zu hungern. Das Schlimmste ist aber, dass schon die Grundschulkinder diesem "Hollister"-Wahn unterliegen. Kleidung wird heute nicht mehr nach Bequemlichkeit ausgesucht, sondern nach modischem Aussehen und nach Marke.

War es nicht für uns das Schönste, dass wir uns als Kind nie Sorgen darum gemacht haben, was man trägt? Und nun ist diese Phase für die Jüngeren schon viel schneller zu Ende. Das ist doch wirklich traurig.

Natürlich sagt man immer, man muss ja nicht so sein, man muss sich nicht so kleiden, aber aus irgendeinem Grund fühlt man sich doch dazu gezwungen. Und wenn man sich einmal versucht, dagegen zu wehren, dann wird man doch gleich schief angesehen. Bei manchen Menschen wird es dann als "ihr eigener Stil" angesehen, aber bei anderen als unmodisch. Ist das gerecht?

Wenn ich mich so umschaue, sehen doch alle gleich aus. An den Füßen "Ugg-Boots", eine Strumpfhose, ein kurzes Top, das gerade so bis zum Hintern reicht, eine "Hollister"-Strickjacke und dann vielleicht noch ein dünnes Jäckchen darübergezogen, vielleicht noch eine Mütze, die schlaff vom Kopf herunterhängt, und zu guter Letzt noch ein kleines Täschchen, auf dem fett die Marke prangt.

Wie sieht es dann wohl in einem Jahrhundert aus? Laufen dann die Kindergartenkinder in einem bauchfreien Oberteil und einem Rock von Prada herum? Werden sie nicht mehr durch die Gegend laufen, sondern nur still dasitzen, weil sie doch ihre Anziehsachen von Gucci nicht ruinieren dürfen? Wenn es so kommen wird, dann bin ich doch froh, dass die Welt 2012 angeblich untergehen soll.

Jessica Taube, 9b, Gymnasium Othmarschen