Bewaffnete und maskierte Räuber überfallen Villenbewohner, erbeuten Geld und Schmuck. Zwei Opfer und einer der Täter werden schwer verletzt.

Nienstedten. Ein Rumpeln und leise Stimmen aus dem Bad im Obergeschoss der Nienstedtener Villa - das war das Erste, was deren Bewohner Jürgen H., 70 und Yasar D., 40 von den Eindringlingen mitbekamen. In der Folge erlebten die Männer, die das reich dekorierte Anwesen in Nienstedten bewohnen, einen der brutalsten Überfälle, die sich in den zurückliegenden Jahren in Hamburg ereigneten. Mindestens vier bewaffnete und maskierte Männer haben dem Spielhallen-Unternehmer und seinem Partner in der Nacht zu Sonnabend 10.000 Euro und mehrere Uhren geraubt. Dass sie noch leben, haben sie wohl zu einem guten Stück ihrer Wehrhaftigkeit und ihrem geistesgegenwärtigem Handeln zu verdanken. Den Tätern gelang die Flucht, obwohl einer von ihnen schwer verletzt wurde.

Yasar D., der jüngere der beiden Männer, war vom Sofa aufgesprungen und ins Obergeschoss gerannt, nachdem die Villenbewohner das Geräusch gehört hatten. Der 40-Jährige berichtet, was dann geschah: "Aus dem Bad bemerkte ich einen Windzug. Die Balkontür stand auf, ich sah Schatten und versuchte, die Tür zum Bad zu schließen. Aber es gelang nicht. Von der anderen Seite wurde auch an der Tür gezogen. Ich rief: ,Jürgen, wir werden überfallen, lös den Alarm aus!', und da stürzten die Maskierten auf mich." Einer der Männer sei nach unten gestürmt, berichtet Yasar D., zwei andere hätten ihn gewürgt, geschlagen und unter Kontrolle zu bringen versucht. Ein vierter Täter rannte ins Dachgeschoss des Anwesens - wohl um zu prüfen, ob sich dort noch jemand aufhielt. Yasar D. erinnert sich an eine nahe Ohnmacht: "Ich bekam keine Luft mehr, sah nur noch einen Ausweg: Mit dem Mann, der mich würgte, die Treppe hinunterzuspringen und möglichst auf ihm zu landen." Jürgen H., der Ältere der beiden, Betreiber zahlreicher Spielhallen in Hamburg und im Umland, war unterdessen von einem weiteren Täter mit einem Kuhfuß angegriffen und verletzt worden. Alarmiert von den Rufen seines Freundes, hatte er sich mit einem Küchenmesser bewaffnet - und es dem Eindringling in den Bauch gestoßen.

+++ Bis zu 15 Jahre Haft +++

Die Täter dachten offenbar dennoch nicht daran, ihr Vorhaben aufzugeben. Im Flur zogen, so erinnert sich Yasar D., alle vier Männer Schusswaffen. Sie knebelten und fesselten ihre blutenden Opfer mit Kabelbindern, verlangten Bargeld und Schmuck. Der Mann mit der Stichwunde hatte sich inzwischen hingesetzt. "Er war der Boss. Er funkte die ganze Zeit mit Walkie-Talkies nach draußen", sagt D. Offenbar hatten die Täter noch weitere Komplizen, die die Täter im Haus vor nahender Polizei warnen sollten. "Wir waren denen völlig ausgeliefert", sagt Yasar D. "Und wir hatten Angst, dass die Täter Rache nehmen würden für den Stich." Tatsächlich, so erinnert sich der 40-Jährige, sagte der Chef so etwas wie: "Das hättet ihr nicht tun sollen. Jetzt nehmen wir uns die ganze Nacht Zeit für euch!" Er habe dem Boss schon signalisiert, dass er den Tresor für ihn öffnen werde, sagt Yasar D. Doch plötzlich, nach einem unverständlichen Satz aus dem Walkie-Talkie, seien die Täter rausgelaufen.

Nach dem Notruf der beiden Geschädigten rasten 20 Streifenwagen zum Tatort an der Elbchaussee und an die umliegenden Kreuzungen. Beamte mit sogenannten Mantrailer-Hunden, die kleinste Spuren von Menschen aufnehmen und verfolgen können, versuchten zu ermitteln, wie und wohin die Täter geflüchtet waren. Doch die erste Fahndung blieb erfolglos. Die Polizei hofft nun auf die Folgeermittlungen. Sprecherin Karina Sadowsky: "Wir wissen, dass einer der Männer 1,80 Meter groß ist und schulterlange dunkle Haare hat. Er trug ein graues T-Shirt und eine schwarze Hose. Einer der Komplizen ist kleiner, hat dunkle kurze Haare. Er trug einen weinroten Rucksack. Die beiden anderen Täter können nicht weiter beschrieben werden. Einer trug wohl eine dunkle Jacke mit orangefarbenen Streifen. Bei allen handelt es sich aber vermutlich um Osteuropäer." Hinweise auf eine nähere Verbindung der Täter zu den Opfern gibt es nicht.

Jürgen H. musste wegen seiner schweren Prellungen am ganzen Körper und einer tiefen Platzwunde am Kopf bis gestern Morgen im Krankenhaus bleiben. Yasar D. erlitt ebenfalls schwere Prellungen und Platzwunden. "Man hat mir geraten, erst einmal nicht im Haus zu bleiben", sagt der 40-Jährige. "Ich habe es trotzdem getan. Wenn ich geflüchtet wäre, hätte es sein können, dass ich nicht wieder zurückwill. Am Sonnabend kam mir sowieso alles noch vor wie im Film, wie "Aktenzeichen XY ..." Die Polizei bittet um Hinweise auf die Täter. Die Telefonnummer lautet 428 65 67 89.