Junge Beamtin erleidet Knochenbruch, die Gewalt gegen Schutzleute nimmt seit Jahren zu. GdP kritisiert, dass Justiz zu lasch mit Tätern umgeht.

Hamburg. Sie werden beschimpft, angespuckt und geschlagen: Gleich drei Polizeibeamte sind am Wochenende Opfer von gewalttätigen Attacken geworden. Ein Randalierer hat einer Polizistin sogar einen Gesichtsknochen gebrochen. Um einen Einzelfall handelt es sich dabei nicht. Seit Jahren gehört Gewalt gegen Polizisten zum Alltag - Tendenz steigend.

Der mangelnde Respekt und die erhöhte Gewaltbereitschaft gegenüber Schutzleuten hat die 24-jährige Polizeimeisterin Sonnabendnacht zu spüren bekommen. Gegen 1.50 Uhr ist sie mit ihrem Kollegen, einem 30-jährigen Polizeikommissar, als Fußstreife auf der Reeperbahn unterwegs. Plötzlich bemerken sie einen jungen Mann, der auf drei Autos gesprungen ist und sie mit Fußtritten beschädigt. Als die Polizisten den 20-Jährigen ansprechen, reagiert der extrem aggressiv. Er bespuckt die junge Beamtin und entreißt ihr das Funkgerät. Damit schlägt er der Frau völlig unvermittelt ins Gesicht, sodass ein Knochen bricht. Anschließend wirft er das Funkgerät gegen den Kopf des 30-Jährigen, der mit einer Prellung davon kommt. Um den alkoholisierten Mann unter Kontrolle zu bringen, setzen die beiden Polizisten Pfefferspray ein. Der Randalierer, gegen den zudem der Verdacht des illegalen Aufenthalts besteht, wird festgenommen. "Die Beamtin musste im Krankenhaus behandelt werden", sagte Polizeisprecher Holger Vehren am Sonntag. Der Täter wurde dem Haftrichter vorgeführt.

Nur 24 Stunden später, gegen 2 Uhr in der Nacht zum Sonntag, wird erneut eine Beamtin bei einem Großeinsatz auf St. Pauli angegriffen. Auf einer Geburtstagsfeier in einem Kulturzentrum kommt es zu einer Schlägerei. Zwei Personen werden verletzt, eine Polizistin und ihre Kollegen suchen nach zwei mutmaßlichen Tätern, die sich in das Lokal Feldstern an der Sternstraße flüchten. Die Beamten fordern Unterstützung an - 30 Streifenwagen aus der ganzen Stadt fahren zur Verstärkung in die Sternstraße. Dort umstellen die Einsatzkräfte das Gebäude und durchsuchen das Lokal mit einem Großaufgebot. Doch als die Polizisten das Lokal betreten, kommt es zu einer leichten Rangelei. Dabei rammt ein Mann der Beamtin seinen Ellenbogen ins Gesicht. Die Frau wird leicht verletzt, dem Mann gelingt es zu flüchten. Auch die beiden Tatverdächtigen, die im Kulturzentrum eine körperliche Auseinandersetzung hatten, werden nicht geschnappt. "Bevor die Beamten zur Unterstützung eintrafen, waren bereits einige Gäste aus den Fenstern des Lokals geflüchtet", so Polizeisprecher Holger Vehren.

In ein Krankenhaus musste die Beamtin, die von dem Ellenbogen im Gesicht getroffen wurde, nicht - aber der Schlag hätte schlimme Folgen haben können. "Wir beobachten, dass die Gewalt und die Respektlosigkeit gegenüber Polizisten in den vergangenen zehn Jahren leider stark zugenommen haben", sagt Frank Reschreiter, Sprecher der Innenbehörde. Früher sei ein Polizist eine Respektsperson gewesen. "Für viele ist er das heute nicht mehr." Gesellschaftliche Probleme, wie etwa das zunehmende Aggressionspotenzial und die soziale Spaltung innerhalb der Gesellschaft, würden zunehmend auf dem Rücken der Polizisten ausgetragen.

Auf den Trend, dass zunehmend Gewalt gegen die Polizei ausgeübt wird, ist politisch bereits reagiert worden. Im Oktober 2010 hat der Bundestag beschlossen, die Höchststrafe für Widerstand gegen Polizeibeamte von zwei auf drei Jahre Haft zu erhöhen. "Das ist ein Signal dafür, dass sich der Staat solche Gewalttaten nicht achselzuckend gefallen lässt", sagt Reschreiter. Dieses Strafmaß müsse nun auch konsequent angewendet werden, wenn es die Schwere der Tat rechtfertige. Diese Forderung unterstützt auch Uwe Koßel, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Die Justiz geht zu lasch mit den Tätern um", kritisiert er.

Die Täter, das seien meistens Heranwachsende zwischen 16 und 25 Jahren. "Es muss bereits beim ersten Mal, wenn ein Täter einen Beamten attackiert, knallhart durchgegriffen werden." Nur so könne ein Zeichen gesetzt werden. "Werte wie Respekt spielen in vielen Elternhäusern offenbar keine Rolle mehr."