EC-Karten-Betrug im großen Stil. Geldautomaten der Volksbank wurden manipuliert, fremde Konten geplündert. EC-Karten wurden gesperrt.

Hamburg. Es war eine böse Überraschung. Eigentlich wollte Tina Ohms nur per Online-Banking an ihrem Computer ein paar Überweisungen erledigen. Doch als der Blick der 38-Jährigen auf ihren Kontostand fiel, erschrak sie: Von ihrem Konto waren mehr als 1500 Euro abgehoben worden - an einem Geldautomaten in Panama. Aber die Lehrerin aus Ottensen war nicht in Mittelamerika gewesen. Sie ist wie möglicherweise mehr als 1000 weitere Kunden Opfer von EC-Karten-Betrügern geworden.

Tina Ohms war ausspioniert worden, als sie an einem manipulierten Automaten der Hamburger Volksbank an der Max-Brauer-Allee Geld abgehoben hatte. Es war ein sogenannter "Skimming"-Angriff. Das englische Wort Skimming bedeutet Abschöpfen und steht im Finanzbereich für Datendiebstahl. Dabei werden Kundeninformationen der EC-Karten von Magnetstreifen ausgelesen und auf gefälschte Karten kopiert. Es ist der Albtraum für jeden Bankkunden.

Mindestens fünf Geldautomaten der Hamburger Volksbank in Altona, Billstedt, Bramfeld, Rahlstedt und Wandsbek sind in den vergangenen Wochen so von Unbekannten manipuliert worden. Das Geldinstitut hat inzwischen vorsorglich 1300 EC-Karten sperren lassen. Es sind die Karten, die an den betroffenen Geldautomaten eingesetzt wurden.

Wie viele Kunden genau geschädigt wurden, ist bislang unklar. Bekannt sind bisher 30 Fälle, in denen aus dem Ausland Geld illegal abgehoben wurde. Die Höhe des Schadens steht laut Banksprecherin Heidi Melis noch nicht fest. Vermutlich liegt er im höheren fünfstelligen Bereich.

Heidi Melis sagt: "Wir haben sofort gehandelt, als uns die ersten Kunden über missbräuchliche Abhebungen informiert haben." Den Kunden entstehe kein Schaden, da die abgebuchten Beträge uneingeschränkt ersetzt würden. Für solche Fälle zahle die Hamburger Volksbank wie auch alle anderen deutschen Banken in das Euro Kartensystem ein, eine Art Versicherung, die den Schaden regelt.

Das Landeskriminalamt hat die Ermittlungen übernommen, wie Polizeisprecher Holger Vehren dem Abendblatt bestätigte: "Aktuell ist uns nur die Hamburger Volksbank als Geschädigte bekannt. Die Blankokarten werden vor allem auf dem amerikanischen Kontinent eingesetzt." Immer wieder komme es zu Skimming-Angriffen.

Die Täter gehen dabei laut Banksprecherin Melis äußerst professionell vor: "Die Geldautomaten des betroffenen Herstellers entsprechen hohen Sicherheitsstandards. Aber die Betrüger haben sich offenbar durch besondere Skimming-Bauteile auf diesen Gerätetyp spezialisiert." Und so funktioniert der Betrug: "Die Daten auf den Magnetstreifen der EC-Karten werden auf einen Chip kopiert, den die Täter zuvor im Karteneinzug angebracht haben", sagt Heidi Melis. Fehlt noch die PIN-Nummer, die das Geldabheben ermöglicht: Im aktuellen Fall haben die Betrüger zwischen PIN-Tastatur und Bildschirm eine kleine Leiste angebracht. Hinter dieser wurde eine winzige Kamera installiert und so die Eingabe der PIN-Nummer aufgezeichnet.

Aber wie können sich Bankkunden davor schützen, dass ihre PIN-Nummer ausgespäht wird? "Wir empfehlen allen Kunden dringend, bei der Eingabe der PIN die zweite Hand dicht über die Tastatur zu halten. Dann können auch versteckt angebrachte Kameras in der Regel die Geheimzahl nicht aufzeichnen", sagte Banksprecherin Melis. Außerdem empfiehlt sie, EC-Karten für Abhebungen im Ausland sperren zu lassen und diese nur bei Reisen freizuschalten. Denn in Deutschland haben die EC-Karten ein unsichtbares und bis dato nicht fälschbares Echtheitsmerkmal. Dieses wird mit einem Spezialsensor geprüft. Dieser ist in allen deutschen Geldautomaten Pflicht. Deshalb könnte laut Melis in Deutschland auch nicht mit "billigen EC-Kartenkopien und der PIN-Nummer Geld abgehoben werden. Aber das Ausland verzichtet oft auf diese Investition."

Das erklärt auch, warum die Betrüger zum Beispiel im Fall von Tina Ohms auf Panama ausgewichen sind. Wie dreist die Täter vorgehen, zeigt das Beispiel eines manipulierten Geldautomaten in Bramfeld: Der Skimming-Angriff geschah an einem Nachmittag gegen 17 Uhr an einem Werktag. Die Bankfiliale liegt an der dicht befahrenen Bramfelder Chaussee, das Foyer ist gut einsehbar. Unmittelbar vor und nach dem Anbringen des Betrugswerkzeugs waren Kunden im Eingangsbereich: "Es ist erschreckend, dass die Betrüger dermaßen perfekt vorgehen", sagte Heidi Melis. Ziel der Hamburger Volksbank sei es künftig, den Tätern technisch immer einen Schritt voraus zu sein.

Unterdessen hat Tina Ohms das negative Erlebnis verdaut. Das Geld wird zurückerstattet, und sie hat sich vorgenommen, am Geldautomaten künftig noch wachsamer zu sein: "Ich werde meine zweite Hand dicht über die Tastatur legen, dann kann meine Geheimzahl nicht mehr ausgespäht werden."