Nach dem Brand eines Lastwagens im Elbtunnel prüfen Fachleute, ob das Bauwerk geschädigt ist. Bahnstreik verschärft die Verkehrslage.

Othmarschen. Nach dem Lkw-Brand im stark befahrenen Hamburger Elbtunnel bleibt die betroffene vierte Röhre vorerst geschlossen. Fachleute sollen heute untersuchen, welche Schäden das Feuer in dem Autobahntunnel angerichtet hat, sagt Helma Krstanoski von der Stadtentwicklungsbehörde. Erste Reparaturarbeiten an Asphalt und Beton hätten begonnen. „Es muss genau erfasst werden, was eigentlich kaputt ist – etwa die Elektrik, der Asphalt, das Bauwerk an sich.“ Wie lange Prüfung und Reparatur dauern, sei bisher nicht abzusehen. Autofahrer müssen sich damit weiter auf massive Behinderungen einstellen.

Laut Polizei stockte der Verkehr auf der A 7 zeitweise auf zwölf Kilometern in Richtung Norden und in der Gegenrichtung auf sechs Kilometern. Auf der A1 geht es ab Maschen auf zehn Kilometern nur langsam voran. Auch auf der A 1 und anderen Einfallstraßen kam es am Morgen neuerlich zu schweren Verkehrsbehinderungen. Grund für die Staus hier war aber vor allem der Streik der Lokführer. Viele Pendler, die sonst mit Privatbahnen wie der AKN oder dem Metronom in die Innenstadt kommen, stiegen offenbar auf ihre Autos um. „Im Innenstadtbereich läuft es aber ganz gut“, sagte Polizeisprecher Andreas Schöpflin.

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"Panik, absolute Panik" habe sie gehabt, sagt Gloria Kern, 73. Die Durchsagen der Leitstelle habe sie kaum verstanden - und was sie sah, waren schwarzer Rauch und Menschen, die so besorgt waren wie sie selbst. Als eine von 150 Insassen musste die Rentnerin gestern ihr Auto im Elbtunnel stehen lassen und aus der vierten Röhre flüchten, weil ein mit Weizen beladener Lastwagen brennend in der Tunnelmitte stehen geblieben war.

Zwei verletzte Personen mussten behandelt werden. Die gute Nachricht: Offensichtlich haben die Sicherheitsvorkehrungen in der vierten - der neuesten und modernsten - Elbtunnelröhre uneingeschränkt gegriffen. Gemessen an Ort und Umfang des Feuers - Schreckensszenen auch für erfahrene Feuerwehrleute - blieb das Ausmaß der Schäden relativ gering. Die schlechte Nachricht: Der Verkehr brach infolge des Brandes in der gesamten Innenstadt und auf den Autobahnen komplett zusammen. Bis zum Abend ging es flächendeckend nur im Schritttempo voran.

Was war passiert? Am Donnerstag, wenige Minuten nach 14 Uhr war Trucker Horst F. mit seinem 38 Tonnen schweren Daimler-Sattelzug in den Tunnel gefahren. Hinter sich hatte er 28 Tonnen Weizen, die er über die A 23 und die A 7 von Wesselburen zu einem Futterhersteller in Wilhelmsburg fahren sollte. Nach wenigen Hundert Metern im Tunnel bemerkte der Lkw-Fahrer, dass sich die Lichtverhältnisse an seinem Wagen änderten, wie er gegenüber der Polizei schilderte. Kurz darauf sei eine Warnleuchte angesprungen, die einen Ventildefekt anzeigte. Quasi gleichzeitig habe er Qualm in seinem Führerhaus bemerkt. Die komplette Elektrik seines Sattelzugs sei ausgefallen. Er sei ausgestiegen, so der Trucker weiter, und habe Flammen gesehen, die unter der Fahrerkanzel züngelten. Sie seien da bereits gut einen Meter hoch gewesen. Er habe seine Tasche mit persönlichen Gegenständen gegriffen, so F. weiter, dann hätten die Flammen sich rasend schnell in seinem Lastkraftwagen ausgebreitet.

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"Ein Autofahrer hielt an und informierte Feuerwehr und Polizei", schilderte Polizeisprecher Andreas Schöpflin. Sein Feuerwehrkollege Manfred Stahl sagte: "Als meine Kollegen eintrafen, brannte das Führerhaus des Lkw komplett. Mit Schaumrohren konnten sie verhindern, dass die Flammen sich auf den Auflieger ausbreiten konnten. Weitere Autos sind nicht in Mitleidenschaft gezogen worden." Dass dem so ist, liegt vermutlich in erster Linie an den modernen Rauchabzugssystemen, die in der neuen Weströhre des Elbtunnels installiert sind. Augenzeugen berichten, dass die schwarze Qualmwand, die sich zunächst im Umkreis des brennenden Lkw entwickelt hatte, sehr schnell wieder verschwunden war.

Für die rund 150 Autofahrer, die sich selbstständig oder unter Begleitung von Feuerwehr und Polizei aus dem Tunnel gerettet hatten, blieb das Feuer natürlich dennoch ein zumindest eindrucksvolles, wenn nicht beängstigendes Erlebnis. Andrea Martens war mit ihren Kindern Jonas und Leonie (6, 3) auf dem Weg in den Harzurlaub. Kurz hinter dem brennenden Lkw fuhr sie ihren VW Golf auf den Nothaltestreifen. Sie nahm die Kinder bei den Händen und ging den rund 1,5 Kilometer langen Weg zurück ans Tageslicht: "Zum Glück ist niemand wirklich panisch geworden oder hat geschrien", sagt die junge Mutter. Ihre Kinder hätten aber schon Angst gehabt. Alexandra Friedrich aus Finkenwerder war mit ihrer Mutter Renate bei Ikea in Schnelsen. Sie trieb kurz nach der Evakuierung die Sorge um, ihre Einkäufe könnten Schaden nehmen. Vor allem sorgte sie sich aber um die beiden Verletzten. Ein Autofahrer hatte Rauchgas eingeatmet, ein weiterer möglicherweise wegen der Aufregung einen Herzinfarkt erlitten.

Wie es jetzt mit der vierten Elbtunnelröhre weitergeht, ist laut Stadtentwicklungsbehördensprecherin Helma Krstanoski noch ungewiss. Es müsse jetzt geprüft werden, ob die Röhre durch den Brand beschädigt ist. Erst wenn die Gutachter ihr Okay gegeben hätten, würde die Röhre wieder freigegeben. Die betroffene, im Jahr 2002 eingeweihte Tunnelröhre sei auf dem aktuellen Stand der Technik, betonte Krstanoski mit Blick auf die 2003 bundesweit erhöhten Sicherheitsmaßstäbe. Auch die zweite Röhre sei bereits modernisiert. Die dritte sei gerade im Umbau. Spätestens 2012 soll der gesamte Tunnel den höheren Sicherungsanforderungen entsprechen.

Sorge, so Krstanoski, bereite der Behörde eher das Verhalten der Autofahrer: "Viele sind trotz der Ansagen, die Autos und den Tunnel zu verlassen, zunächst einfach sitzen geblieben." Die Evakuierung, so die Behördensprecherin, habe unnötig viel Zeit in Anspruch genommen.