Verein stellte für wenige Stunden unerlaubt Bauwagen auf einem städtischen Grundstück in Wilhelmsburg auf. Fünf Streifenwagen fuhren vor.

Wilhelmsburg. Nein, also gegen die jungen Leute in ihren putzigen Wagen habe man ja nichts. "Aber wenn ich ganz ehrlich bin, will ich die nicht in meiner Nachbarschaft haben." Da ist der freundliche Herr, der vor seinem Haus in der idyllischen Nebenstraße Buschweide in Wilhelmsburg das Laub zusammenfegt, ganz offen. Er weiß um den Widerspruch. Vor wenigen Stunden haben junge Leute sechs Bauwagen auf ein benachbartes Grundstück gefahren. Das kleine Stück Land hat die Stadt vor wenigen Jahren von einem Privatmann gekauft. Es soll irgendwann einmal Teil eines Naturschutzgebietes werden. Am Wochenende wurde es vorübergehend besetzt.

Die Gruppe hatte sich gut vorbereitet, um auf den von ihr kritisierten Mangel von Bauwagenplätzen in der Stadt hinzuweisen. Dass das Grundstück ein städtisches ist, musste erst aufwendig recherchiert werden. Die jungen Leute informierten die Medien, hatten Kaffee und Kuchen für die Anwohner bereit gestellt - und Antje Möller, die innenpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion, als Verhandlungsführerin für sich gewonnen.

Fünf Streifenwagenbesatzungen fuhren vor, Polizisten sperrten die Einmündung der Straße ab, um zu verhindern, dass die Besetzer weiteren Zulauf von Sympathisanten bekamen. "Jeder sollte sich sein Zuhause so gestalten, wie er es möchte", sagt Simon, einer der Besetzer. Die wenigen Bauwagenplätze, die es noch in der Stadt gebe, seien überfüllt. "Wir stehen mit unseren Wagen an der Straße, anstatt auf einem Platz." Die Aktion sei auch als Forderung nach derartigen Plätzen in der Stadt zu verstehen.

Einige Anwohner diskutierten wohlwollend mit den neuen Nachbarn, die in einer Blechtonne ein Feuer gegen die Kälte angezündet hatten. Andere Anwohner organisierten schon breite Geschlossenheit gegen dieses in ihren Augen unhaltbare Wohnprojekt. "Wir kämpfen seit Jahren dafür, dass hier ein Naturschutzgebiet entsteht", sagt Helga Schors vom Arbeitskreis Georgswerder. "Wenn das Grundstück jetzt wieder bewohnt würde, ginge das nicht mehr. Wir wollen, dass sie wieder abziehen."

Unterdessen telefonierte Antje Möller mit Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) und versuchte ihn zu einer Duldung bis zum heutigen Montag zu überreden. Doch der blieb hart, wollte sich auf keine Kompromisse einlassen. Schließlich erwirkte er die Räumung. Schreiber sah sich von Möller unter Druck gesetzt. "Sie sagte mir, dass es eine unschöne Demonstration geben würde, wenn ich nicht einlenke", sagte Markus Schreiber.

Eine Demonstration gab es tatsächlich am späten Sonnabend. Rund 90 Menschen zogen friedlich vom Gänsemarkt in das Schanzenviertel, um gegen die Räumung des Geländes zu protestieren. Unter Druck gesetzt habe sie Schreiber nicht, sagt Möller. "Ich habe lediglich gesagt, dass eine Duldung politisch klug gewesen wäre." Sie bekräftigte ihre Zustimmung zu Bauwagenplätzen. "Es sollte Gespräche darüber geben, wo es Bedarf für sie gibt."

Nachdem Schreiber also eine Duldung ausschloss, mussten die Kurzzeit-Besetzer den Platz räumen. Sie kamen auf dem Grundstück einer Künstlerin an der nahe gelegenen Veringstraße unter. Auch dieses Gelände gehört der Stadt. Die Künstlerin hat eine Sondernutzungserlaubnis. Bis morgen werden die Bauwagen-Bewohner dort geduldet. "Wir schauen, ob in der Nutzungserlaubnis Derartiges vorgesehen ist", sagte Schreiber. "Wenn nicht, müssen die Bauwagen auch von diesem Grundstück wieder runter."

Nun scheint die Diskussion über Bauwagen-Plätze in der Stadt wieder eröffnet zu sein. SPD-Innenexperte Andreas Dressel befand, dass die Räumung rechtlich in Ordnung sei. Dem stimmte auch der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Kai Voet van Vormizeele, zu. Er sehe zwar keinen Bedarf für neue Plätze. "Wenn aber ein derartiger Platz zur Verfügung gestellt werden soll, dann müssen die Nachbarn wie bei jedem anderen Stadtplanungsprojekt befragt werden."