In den vergangenen Monaten wurden sechs Feuer im Eimsbüttler Stadtteiltreff Hamburg-Haus gelegt. Die Polizei tappt weiter im Dunkeln.

Eimsbüttel. Der Feind in ihrem Bett ist die Angst. Die Furcht, es könnte sich wieder ein Brandstifter ins Haus schleichen und Feuer legen, lässt Doris Eidam kaum noch zur Ruhe kommen. "Wenn sechsmal unter der eigenen Wohnung gezündelt wurde, schläft man eben schlecht ein", sagt die 49-Jährige.

Sie hat allen Grund zur Sorge. Mit ihrem Freund, dem Hausmeister Thomas Breitung, lebt sie in der Einliegerwohnung des Eimsbüttler Stadtteiltreffs Hamburg-Haus. In den vergangenen Monaten ist es Ziel einer rätselhaften Brandanschlagsserie geworden. Ihr Lebensgefährte musste sich bereits wegen einer Rauchvergiftung im Krankenhaus behandeln lassen. Beim Versuch, ein Feuer zu löschen, atmete er giftige Dämpfe ein.

Seit April zählte die Polizei sechs Brände in der gemeinnützigen Begegnungsstätte am Doormannsweg. Viermal wurde im Keller Feuer gelegt, einmal in der Teeküche und einmal in einem Container. Nie waren Einbruchspuren zu finden.

Während viele Eimsbüttler über das Motiv des Brandstifters rätseln, tappt die Polizei noch im Dunkeln. Sprecherin Christiane Leven: "Wir können weder zum Personenkreis noch zum Ermittlungsstand etwas sagen." Ob der Täter einen Schlüssel besaß, womöglich Angehöriger des Hauses ist oder sich einschließen ließ, dazu könne sie noch keine Angaben machen.

Unterdessen liest sich die Chronologie wie das Werk eines Einzeltäters: Immer wurden die Feuer am Wochenende gelegt. Und bis auf den Brand in einer Teeküche der Seniorentagespflege am 4. Juni, der kurz nach Mitternacht von Hausmeister Thomas Breitung entdeckt und gelöscht wurde, wurden alle Feuer im Keller und in den frühen Morgenstunden entfacht. So brannte am 24. April ein Kellerraum der Gruppe "Hamburger Fototage", nachdem kurz zuvor ein benachbarter Container in Flammen aufgegangen war. Am 8. Mai wurden ebenfalls im Kellertrakt Klopapierrollen entzündet, am 19. Juni standen Putzmittel in Brand, und zum bisher letzten Mal ging am 4. September ein Abstellraum der Damentoilette in Flammen auf.

+++Allermöhe bis Wohldorf: So kriminell ist Ihr Stadtteil+++

"Der letzte Brand war der schlimmste", sagt Stephan Glunz vom Bezirksamt Eimsbüttel. Weil sich der Rauch über die Lüftungsschächte im gesamten Gebäude ausgebreitet habe, sei der Schaden immens. In der Bücherhalle und im Hermann-Bossdorf-Saal legte sich eine dicke Rußschicht auf Tausende Bücher und den Parkettboden. Der beißende Gestank machte eine Nutzung unmöglich. "Der Saal konnte etwa 14 Tage nicht betreten werden, weil der Boden derartig beschädigt wurde, dass er abgeschliffen und gereinigt werden musste", sagt Glunz.

Die Folge sei gewesen, dass Theateraufführungen und die Auftaktveranstaltung der Hamburger Gesundheitstage abgesagt werden mussten. "Insgesamt beläuft sich der Sachschaden der sechs Brände auf rund 100 000 Euro", sagt Glunz. Für die Besucher des Hauses seien Schließung und Ausfallzeiten ärgerlich, zumal andauernde Sanierungsarbeiten ohnehin Einschränkungen mit sich brächten. "Aber die Bürger reagieren sehr verständnisvoll, wenngleich sich alle fragen: Wer ist dieser Feuerteufel? Und warum tut er das?"

Für die Eimsbüttlerin Margrit Sancken tragen die Taten "krankhafte Züge". Sie könne sich nicht erklären, warum jemand in einem beliebten Stadtteilzentrum Feuer legt. "Zumal hier kein Anlass für Sozialneid besteht." Gelegentlich besucht sie mit ihren Kindern Henriette und Jesper das Haus. Gestern musste sie jedoch wieder kehrtmachen, weil die Bücherhalle laut Aushang bis zum 14. Oktober geschlossen ist. Unangenehmer Rauchgestank wabert noch immer durch die Räume.

Auch Gernot Voigt stand vor verschlossenen Türen. Der 64-Jährige ist Stammkunde der Bücherhalle. "Für mich ist unbegreiflich, wie jemand hier brandstiften kann." Das Hamburg-Haus sei eine beliebte Anlaufstelle aller sozialer Schichten, es biete keine ideologische Angriffsfläche für Anschläge.

Seit einem Monat gab es diese auch nicht mehr. Aber die Angst, dass der Täter wieder zuschlagen könnte, bleibt. "Unsere Befürchtung ist, dass der Brandstifter das nächste Mal bei laufendem Betrieb ein Feuer legt und Personen zu Schaden kommen könnten", sagt Stephan Glunz vom Bezirksamt. "Ich hoffe, dass die Polizei den Täter bald schnappt, damit wieder Ruhe im Hamburg-Haus einkehrt." Vorsichtshalber hat die Verwaltung die gesamte Schließanlage auswechseln lassen.