Erst tötete er den 54-jährigen Inhaber, dann flüchtete der Räuber laut Zeugen mit zwei prall gefüllten Reisetaschen in einem Taxi.

Langenhorn. Noch am späten Nachmittag, acht Stunden nach der blutigen Tat, durchsuchten Taucher den Stichkanal, der wenige Meter vom Tatort entfernt liegt. Ein Zug Bereitschaftspolizisten durchstreifte Grünflächen an der Langenhorner Chaussee. Doch von der Tatwaffe fehlte jede Spur. Ganz zu schweigen vom Täter. Die Nachricht von dem blutigen Überfall hatte sich dagegen wie ein Lauffeuer durch Langenhorn verbreitet.

Am frühen Freitagmorgen hatte ein Unbekannter den Betreiber eines kleinen Kiosks an der Langenhorner Chaussee erschlagen und das unscheinbare Geschäft ausgeraubt. Mit zwei prall gefüllten Reisetaschen war der laut Zeugen 30- bis 40-Jährige nach der Tat zur etwa 50 Meter stadteinwärts gelegenen Kreuzung am Foorthkamp gelaufen. Ein Zeuge beobachtete, wie er versuchte, ein vorbeifahrendes Taxi anzuhalten. Ein zweiter will gesehen haben, wie das Taxi wendete. Danach verliert sich seine Spur.

Stieg er in das Taxi und ließ sich in Richtung Norden chauffieren, wie die Polizei vermutet? Nach einem geplanten Verbrechen würde das nicht aussehen. Und was steckte in den beiden großen Taschen? Und vor allem: Was war zuvor in dem Keller des Kiosks passiert, in dem der Leichnam des 54-jährigen Afghanen gegen 10 Uhr aufgefunden wurde. Viele Fragen sind noch offen. Auch das Ergebnis der rechtsmedizinischen Untersuchung über die Art der Tatwaffe und die genaue Todesursache war am Abend noch nicht bekannt.

Wie jeden Tag hatte Shams K. kurz vor 6 Uhr den Kiosk, den er seit eineinhalb Jahren betrieb, aufgeschlossen. Als ein Stammkunde aus der Nachbarschaft drei Stunden später seine tägliche Zeitung kaufen will, steht ihm an der Glastür nicht Shams K., sondern ein Fremder gegenüber - und schickt ihn wieder weg. Der Inhaber sei nicht da, komme aber gleich wieder, behauptet der Fremde, dessen Hände voller Blut sind, wie der Zeuge später im Polizeipräsidium aussagt.

Der Stammkunde, ein älterer Mann und von Krankheit gezeichnet, der nur langsam gehen kann, kehrt in seine nahe gelegene Wohnung zurück. Das mulmige Gefühl, das in ihm gärt, seit er die blutigen Hände sah, kann er nicht unterdrücken. Er postiert sich am Fenster seines Wohnzimmers und beobachtet den Kiosk. Als er sieht, wie der Fremde den Laden mit den beiden Taschen verlässt, glaubt er an einen Einbruch. Erst jetzt ruft er die Polizei.

Doch noch einmal eine Stunde dauert es, bis die Leiche gefunden wird. Die wegen des angeblichen Einbruchs alarmierte Streifenwagenbesatzung untersucht den Eingang des jetzt wieder abgeschlossenen Kiosks - wahrscheinlich hatte der Täter den Schlüssel mitgenommen. Sie entdecken keine Einbruchsspuren. Die Familie des in Lurup wohnenden Kioskbesitzers wird an die Langenhorner Chaussee gerufen. Gegen 10 Uhr öffnet der Sohn die Tür zum Keller und entdeckt voller Entsetzen seinen erschlagenen Vater. Der Keller ist voller Kampfspuren, Shams K. muss sich heftig gewehrt haben.

Während die Mordkommission die Arbeit aufnimmt, versammeln sich sichtbar geschockten Anwohner. Shams K. war für seine Freundlichkeit bekannt. Allzu gut gelaufen sei sein Kiosk aber nicht, heißt es in der Nachbarschaft. Auf Geld also, vermuten die Nachbarn, könne es der Täter gar nicht abgesehen haben. Die Polizei hofft, den Taxifahrer zu finden, der den schlanken und 1,75 bis 1,85 Meter großen Täter zwischen 8.30 und 9.15 Uhr mit seinen beiden Reisetaschen aufgenommen hat. Hinweise, auch von anderen Zeugen, erbittet sie unter Tel. 428 65 67 89.