Ein Mann soll seine Ex-Freundinnen wissentlich mit HIV angesteckt haben. Jetzt muss er sich vor dem Amtsgericht Harburg verantworten.

Harburg. Er soll seinen Körper eingesetzt haben wie eine Waffe: Zwei junge Frauen soll Damon G., 34, nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft wissentlich mit dem HI-Virus angesteckt haben. Der Erreger löst unter Umständen die Immunschwächekrankheit AIDS aus, die unbehandelt tödlich endet. Obgleich er um das Risiko wusste, so die Anklage, habe Damon G. ungeschützt mit den Frauen geschlafen.

Der Staatsanwalt klagt den 34-Jährigen daher wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Harburg an. In der Regel fallen unter diese Straftat bewaffnete Angriffe auf Leib und Leben. In den eher seltenen Fällen einer schuldhaften HIV-Infektion greift der Tatbestand aber auch, zumal die Körperverletzung auf einer "das Leben gefährdenden Behandlung" fußt, wie es im Strafgesetzbuch heißt.

Damon G. ist hochgewachsen, hat eine sportliche Figur und trägt zum bronzenen Kreuz auf der braun gebrannten Brust die halblangen dunklen Haare offen - es fällt nicht schwer zu glauben, dass der smarte Berliner einen Schlag bei Frauen hat. Nun aber hat er vor allem Ärger mit den mutmaßlichen Opfern, die in diesem Prozess als Nebenklägerinnen auftreten. Eine von ihnen, Ingrid K., 28, habe seinem Mandanten in mehreren SMS gedroht, sie werde ihn "öffentlich fertigmachen", sagt sein Verteidiger Bert Handschuhmacher. Nun - wenn schon, denn schon - müsse sie auch eine öffentliche Hauptverhandlung über sich ergehen lassen. Dem widersprechen jedoch die Opferanwälte. Mit Erfolg - verhandelt wird auf richterlichen Beschluss hinter verschlossenen Türen.

Die entscheidende Frage: Wann hat Damon G. von seiner HIV-Infektion erfahren? Während die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass der 34-Jährige nach einem HIV-Test spätestens im September 2005 von seiner Erkrankung wusste, beharrt Damon G. auf seiner Arglosigkeit: Sein Arzt habe schlicht "versäumt", ihm das positive Testergebnis mitzuteilen. "Mein Mandant ging deshalb davon aus, völlig gesund zu sein", sagt sein Verteidiger.

Bis sich seine Ex-Freundin Agnes D., 30, im Jahr 2008 bei ihm meldete. Mit ihr war er zwischen 2000 und 2005 liiert, nun sitzt er ihr im Gerichtssaal gegenüber. "Er ist aus allen Wolken gefallen, als sie ihm von ihrer Infektion erzählte", sagt sein Verteidiger. Agnes D. habe bei einer Schwangerschaftsvorsorge von der Infektion erfahren. Wenig später, nach einem HIV-Test, habe auch Damon G. traurige Gewissheit erhalten. "Wir halten auch eine umgekehrte Infektion mit der ersten Partnerin für möglich", sagt sein Verteidiger. So habe Damon G. erinnert, wie er Agnes D. 2004 auf der Toilette einer Hamburger Disco mit heruntergelassener Unterhose aufgefunden hätte. Einiges habe für seinen Mandanten auf einen Sexual-Kontakt hingedeutet, Agnes D. selbst habe jedoch von einem "Blackout" gesprochen - und im übrigen dieser Interpretation vor Gericht widersprochen.

Mit der zweiten Nebenklägerin, Ingrid K., hatte Damon G. Ende 2005 eine kurze, rein sexuelle Affäre. Nachdem auch sie 2008 positiv getestet wurde, habe sie seinem Mandanten etliche Droh-SMS geschickt, sagt sein Verteidiger. "In einer stand: Ich habe Abitur und ein Studium. Wem, meinst du, glaubt man? Mir oder dir, du Stricher?!"

Mit Ingrid K., beteuert Damon G., habe er aber nie ohne Kondom geschlafen. "Wir haben Belege, dass sie mit vielen Männern ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte", sagt sein Verteidiger. Auch habe sie "probeweise" als Prostituierte in einem Bordell gearbeitet, wolle sich vor Gericht aber als "Klosterschülerin" verkaufen und seinem Mandanten die Schuld für die HIV-Infektion in die Schuhe schieben. Der Prozess wird am 11. August fortgesetzt.