38-Jähriger hantierte mit verbotenen Kugelbomben, Polizei sucht nun den fliegenden Händler. Seit der Silvesternacht liegt das Opfer im Koma.

Hamburg. Seit einer Woche, seit der gefährlichsten Nacht des Jahres, der Nacht, in der der Sage nach böse Geister mit Feuerwerk und Knalleffekten vertrieben werden sollen, ringt ein 38-Jähriger in der Uni-Klinik Eppendorf mit dem Tod. Beim Versuch, eine nur für Pyrotechniker zugelassene Kugelbombe zu zünden, zog Arne V. sich schwerste Kopfverletzungen zu. Die Ärzte geben ihm nach derzeitigem Stand nur geringe Überlebenschancen. Im AK Wandsbek bangt eine 25-jährige Frau um ihr rechtes Bein. Ein "Römisches Licht", von einem Nachbarn unsachgemäß gezündet, zerfetzte ihr in der Silvesternacht den Unterschenkel. Die Ärzte sind sich noch nicht sicher, ob das Bein amputiert werden muss oder mit einer Reihe komplizierter Operationen erhalten werden kann. Auch bei den Knallkörpern handelte es sich um Pyrotechnik der Kategorie IV - die nur für speziell ausgebildete Fachleute gedacht ist, die aber vermutlich vor Silvester von fliegenden Händlern auf Baumarkt-Parkplätzen verkauft worden waren.

Zumindest der Mann, der die schweren Verletzungen der jungen Rahlstedterin verursachte, hatte sein Silvester-Feuerwerk zuvor von einem fliegenden Händler erworben. Nach Zeugenaussagen hatte er ein "Römisches Licht" entzündet, das er notdürftig am Gartenzaun befestigt hatte. Offenbar hatte er die Wucht des Leuchtkugelwerfers unterschätzt. Der Feuerwerkskörper löste sich, die Kugeln schossen kreuz und quer in die Feiernden. Eine der Leuchtkugeln traf die 25-Jährige. Bei der Polizei gab der Verursacher, gegen den jetzt wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz ermittelt wird, an, seine Knallkörper auf dem Parkplatz des Max-Bahr-Baumarkts an der Bargteheider Straße 66 gekauft zu haben. Dort habe ein etwa 40 bis 50 Jahre alter dunkelhaariger Mann in dunkler Daunenjacke die Knallkörper aus dem Kofferraum seines Autos heraus angeboten. Er habe versichert, so die Zeugenaussage des Kunden bei der Polizei, dass die Böller und Raketen in Deutschland zugelassen seien. Die Pyrotechnik stamme aus der Schweiz, wo die Gegenstände überall zu kaufen seien. Die Polizei sucht diesen Mann dringend. Er soll die gefährliche Ware aus einem silberfarbenen Kombi heraus verkauft haben. Polizeisprecher Andreas Schöpflin: "Wir wissen nicht, ob auch der Mann, der noch immer im UKE liegt, seine gefährlichen Knallkörper auf diesem Wege erworben hat. Doch auch bei seiner Kugelbombe handelte es sich um Pyrotechnik jener Kategorie, die nur ausgebildeten Pyrotechnikern verkauft werden darf."

Arne V. hatte nach bisherigen Ermittlungen der Polizei seine Kugelbombe in einem Startrohr detonieren lassen wollen. Unklar ist, ob der Knallkörper zunächst nicht zündete und V. dann in das Rohr blickte oder ob V. den Knallkörper unterschätzte. Schöpflin: "Im Gegensatz zu Zündschnüren von bekanntem Silvesterfeuerwerk lösen die Zündschnüre bei Pyrotechnik der Profiklasse in Sekundenbruchteilen aus. Im schlimmsten Fall beugt sich der Laie, eine Verzögerung erwartend, beim Anzünden über den Gegenstand. So könnte es hier gewesen sein." Trauriger Fakt ist: Der 38-Jährige erlitt schwerste Schädelverletzungen. Er liegt seit dem verheerenden Unfall im Koma - weil er am Silvesterabend ausgelassen feuerwerken wollte.

Schöpflin: "Wir ermitteln vor allem gegen den Verkäufer, suchen dringend Zeugen. Wer von dem Mann oder einem anderen fliegenden Händler Pyrotechnik angeboten bekommen hat, sollte sich unter Tel. 428 65 67 89 melden."

Personen, die illegale Knallkörper zu Hause haben, so Schöpflin, sollten die Gegenstände nicht berühren, sondern die Polizei rufen. Ein Entschärfer werde die Böller abholen.