Drei junge Männer starben in der Türkei nach dem Konsum von Methanol. Den mutmaßlichen Panschern drohen hohe Haftstrafen.

Hamburg. Die Klassenfahrt von elf Schülern des Lübecker Mortzfeld-Bildungszentrums begann fröhlich - doch sie endete tragisch: Drei Berufsschüler starben Ende März im südtürkischen Badeort Kemer an einer Methanolvergiftung, nachdem sie gepanschten Alkohol getrunken hatten. Vier Schüler hatten Glück: Sie überlebten das Trinkgelage.

Vom 26. Januar an wird den mutmaßlichen Tätern in Antalya der Prozess gemacht. Gegen 13 Beschuldigte, von denen sich sechs in U-Haft befinden, hat die Staatsanwaltschaft Antalya jetzt Anklage erhoben. Vorgeworfen wird ihnen Totschlag in drei Fällen und versuchter Totschlag in vier Fällen. Bei einer Verurteilung drohen ihnen Haftstrafen zwischen fünf und 20 Jahren.

Der Lübecker Rechtsanwalt Frank-Eckard Brand vertritt die Eltern von zwei der drei Getöteten sowie drei der vier überlebenden Schüler. "Meine Mandanten sind erleichtert, dass die Sache in einem rechtsstaatlichen Verfahren geklärt wird", sagte Brand dem Hamburger Abendblatt. Gleichwohl treffe die stimmungsvolle Adventszeit die Angehörigen "besonders hart". "Es wird das erste Weihnachtsfest ohne ihre Söhne sein", sagte Brand.

Vor Gericht werden neben den mutmaßlichen Alkoholpanschern auch die Zwischenhändler und Mitarbeiter jenes Urlaubshotels stehen, in dem die Schüler Ende März den vergifteten Wodka gekauft hatten. Mehrere Schüler der Gruppe erstanden den Fusel an der Hotelbar - obgleich der Lehrer damals ein Alkoholverbot erlassen hatte. Die Flasche mit gepanschtem Wodka nahmen sie mit aufs Zimmer, ahnten jedoch nicht, dass der Alkohol mit Methanol gestreckt war. Für den 21-jährigen Rafael N. kam jede Hilfe zu spät, seine Schulfreunde Jan L. (20) und Jean-Pierre (18) fielen ins Koma und starben zehn Tage später in der Lübecker Universitätsklinik. Vier weitere Schüler überlebten nur, weil ihnen türkische Ärzte den Nationalschnaps Raki einflößten: Der darin enthaltene hochprozentige Alkohol neutralisierte das Gift.

Bei der Obduktion der Leiche von Rafael N. im Hamburger UKE wiesen die Rechtsmediziner indes zwei Promille Methylalkohol im Blut nach - das Zehnfache der tödlichen Dosis. Die Chemikalie, die bei der alkoholischen Gärung entsteht und bei der Destillation abgetrennt werden muss, kann schon in geringen Dosen zum Tod oder zur Erblindung führen. In der Türkei gilt Schnapspanschen wegen der hohen Alkoholsteuern jedoch als lukratives Geschäft.

Wenige Tage nach dem Trinkgelage verhaftete die Polizei zwei Hotelmanager. Zuvor waren bei Alkoholproben in den Lagerräumen des Hotels hohe Methanol-Anteile festgestellt worden. Ende April stellten die Fahnder nach einer Schießerei auch den Lieferanten des vergifteten Alkohols. Ob ein Adhäsionsverfahren eingeleitet wird, in dem zivilrechtliche Ansprüche unmittelbar im Strafprozess geltend gemacht werden können, sei noch unklar, sagte Brand. Im Wege der Rechtshilfe könnten die vier überlebenden Schüler ihre Zeugenaussagen in Lübeck machen. Brand: "Die Eltern hoffen, dass es in Antalya zu einer gerechten Bestrafung derjenigen kommt, die für den Tod ihrer Kinder verantwortlich sind."