Die Fahnder trugen die gelb-blaue Kleidung eines bekannten Paketzustellers. Und so konnte der 18-Jährige Jehia A. nicht ahnen, als er die Wohnungstür öffnete, wie nah ihm die Polizei bereits auf den Fersen war.

Nur Sekunden später klickten die Handschellen in dem Hochhaus an der Großen Bergstraße in Altona. Zum dritten Mal innerhalb von nur einem Monat konnten sich die Fahnder Arbeitsgruppe "Parcel" (deutsch: Paketsendung) am Freitag über einen gelungenen Schlag gegen sogenannte "Computerbetrüger" freuen.

Jehia A. ist nur ein kleiner Fisch: Er ließ sich Waren zustellen, die er mit gefälschten Kreditkartendaten bestellt hatte. Die Sendungen gingen an eine fiktive Adresse. Um Spuren zu verwischen, wurden die Klingelschilder ausgetauscht. Eine gängige Masche: Der Betrug ist nach Angaben von Kriminaloberkommissar Markus Lehmeyer (41) vom Landeskriminalamt (LKA 5) oft bandenartig aufgeteilt: Ein Täter besorgt die Kreditkartendaten, ein Zweiter bestellt die Waren, zumeist Parfüm, Laptops oder Flachbildschirme. Ein Dritter wiederum organisiert den Weiterverkauf und ein Vierter besorgt die Adresse, an die die Waren gehen sollen. Oftmals würden Mieter von Wohnungen dafür "entschädigt" oder unter Vorwänden dazu missbraucht. Dass auf dem Klingelschild dann für ein paar Tage ein anderer Name stehe, falle den vom Lieferstress geplagten Paketboten kaum auf - höchstens mal dem aufmerksamen Nachbarn.

Täglich gingen mehrere Hinweise auf Computerbetrüger beim LKA ein, Fallzahlen jedoch gibt es noch nicht. Doch fast immer beträgt der Schaden, der mit einer einzigen Kreditkartennummer begangen wird, 2000 Euro oder mehr. Um den ausufernden Betrügereien Herr zu werden, gründete das LKA am 1. März die Gruppe "Parcel" - bestehend aus sieben in Internetkriminalität geschulten Beamten. Das Besondere: Fahnder, Online-Shops und Kreditkarteninstitute arbeiten eng zusammen. Bemerken die Betreiber von Internet-Shops eine "betrügerische Bestellung", so Lehmeyer, wenden sie sich direkt an das LKA. Die Fahnder machen sich dann daran, die Sendungen, die längst durch Dummysendungen ausgetauscht wurden, zu verfolgen, bis sie sie zum Betrüger an der Wohnungstür oder auch an einer Packstation führen. So wie bei Jehia A.: Noch am Freitagnachmittag wurde die Wohnung des polizeibekannten Mannes durchsucht. Der 18-Jährige kam in Untersuchungshaft.