Joethi und Tjark Meyer eröffnen nach dem Feuerschaden ihre kleine Konditorei in Eimsbüttel wieder - und planen ihren Ausstieg.

Hamburg. "Im Januar war ich fast so weit zu sagen: Ich gebe auf." Tjark Meyer steht im Verkaufsraum seiner Bäckerei. Hinter ihm verspachtelt ein Bauarbeiter Schraubenlöcher, Mitarbeiter putzen die Theke. Meyer hält einen Kaffeebecher mit der Aufschrift "die kleine konditorei". "Aber jetzt ist es endlich geschafft", sagt er.

Im Mai 2011 wurde die beliebte Bäckerei an der Lutterothstraße Opfer einer Brandstiftung. Ein an die Hauswand gelehnter Roller wurde von Unbekannten angezündet und die Flammen gingen auf die Backstube über. "Ich bin nicht wütend auf die Täter", sagt Meyer, 49. "Ich glaube, sie sind genug mit ihrem schlechten Gewissen gestraft." Er glaubt an das Gute im Menschen. Dabei hat ihn der Vorfall hart getroffen. Erst 2010 hatte er den Laden komplett renoviert. "Ich dachte damals, das ist jetzt mein letztes Projekt. Dann ernte ich erst mal, was ich gesät habe." Aber das muss nun warten. Obwohl die Versicherung größtenteils für den Schaden aufkam, war der Wiederaufbau eine logistische und finanzielle Herausforderung.

Insgesamt vier Filialen gehören mittlerweile zu der Konditorei, die an der Lutterothstraße aber ist quasi die Keimzelle der In-Bäckerei. 1963 kauften Meyers Eltern sie. "Das waren ganz andere Zeiten. Wir schliefen damals in der Backstube." Tag für Tag standen der Vater am Ofen und die Mutter an der Theke. "Die haben sich echt abgebuckelt", sagt der Konditormeister. Deshalb zögerte er auch zunächst, als ihm sein Vater 1995 die Übernahme des Familienbetriebs anbot. Zwar war die Selbstständigkeit immer sein Lebensziel, andererseits treibt ihn ein enormer Freiheitsdrang. "Eigentlich wollte ich damals gerade wieder auf Weltreise gehen." Stattdessen übernahm er den Laden mit neun Mitarbeitern und strukturierte ihn etwas um. Im ersten Monat konnte er den Umsatz seiner Eltern halten, in den folgenden stieg er rasant an. Ein richtiges Rezept dafür hat er nicht. "Man muss es einfach in sich drin haben und mit dem Herzen fühlen", sagt er. Er orientiere sich aber immer daran, wie eine Bäckerei sein müsse, in der er gern Kunde wäre.

Die Eltern sind stolz. Nur einen Haken sahen sie. "Sie sagten immer, dass das ohne Frau nicht gehen würde." Doch mit dem Thema Liebe hatte Meyer schon abgeschlossen - bis 2003. Er besuchte seinen besten Freund in Singapur. Öfter ging er in einen der Lebensmittelläden, für die seine heutige Frau Joethi, 43, als Regionalleiterin arbeitete. "Ich nahm meinen Mut zusammen und fragte sie, ob wir zusammen etwas trinken gehen könnten." Beim Date tauschten sich die beiden aus. Als es auf das Thema Beruf kam, fing sie an zu erzählen. Sie sei gelernte Bäckerin und ihr größter Traum eine Bäckerei in Übersee. "Ich dachte, das kann kein Zufall sein", sagt Meyer. Dennoch: Gefühle seien noch nicht im Spiel gewesen. "Wir hatten beide einen gewissen Selbstschutz." Weitere Besuche folgten und ein Kurztrip nach Thailand. Und da war es dann beim Abschied am Flughafen: zum ersten Mal das "Ich will nicht, dass du gehst"-Gefühl. 2006 kam Joethi nach Hamburg, noch im selben Jahr heirateten die beiden. Die Filiale an der Osterstraße ist ihr Arbeitsbereich. "Wir sind ein tolles Team", sagt Meyer. "Sie ist wie ein kleiner Brummkreisel ständig auf Achse und am Arbeiten." Manchmal müsse er sie bremsen. "Vor dem Brand hatte sich alles ganz gut eingependelt, aber jetzt verfällt sie wieder in den Workaholic-Mechanismus."

Nicht mehr lange, denn 2015 gibt Tjark Meyer an seinen Neffen ab. Eine Weltreise mit einem extra dafür ausgerüsteten Wohnmobil ist geplant. Er möchte endlich ernten.