Flammen greifen auf Wohnhaus in Eimsbüttel über. Feuer zerstört “Kleine Konditorei“. Bewohner und Polizisten erleiden Rauchvergiftung.

Hamburg. Es war ein fast vertrautes Bild, das sich gestern Morgen an der Ecke Lutterothstraße/Heußweg bot: Wie an jedem Wochenende hatte sich eine Menschentraube vor der beliebten Bäckerei Die kleine Konditorei gebildet. Nur dass die Menschen nicht geduldig warteten, um ihre Sonntagsbrötchen zu kaufen, sondern vor der geschlossenen Filiale vor Entsetzen erstarrten.

Denn das Haus an der Lutterothstraße 9-11, in dem die Konditorei untergebracht ist, war bis in die obersten Etagen schwarz vor Ruß, die Fenster zersprungen, die Backstube komplett ausgebrannt, vereinzelt stieg noch Rauch aus den Räumen auf. Nur wenige Stunden zuvor hatte die Feuerwehr noch mit einem Großaufgebot gegen die meterhohen Flammen gekämpft, die aus einem Motorroller schlugen und die auf die Wohnungen des Mietshauses überzuschlagen drohten.

"Brandstelle! Ist beschlagnahmt!", steht am Morgen danach auf einem Warnzettel, der auf dem ausgebrannten Roller klebt. Die Ermittlungen hat das Landeskriminalamt übernommen, denn das Feuer in der Lutterothstraße ist der wohl folgenreichste Fall in der seit Monaten andauernden Serie von Brandstiftungen. Gegen 3 Uhr am Morgen müssen Unbekannte den am Hauseingang abgestellten Roller angezündet haben - mit weitreichenden Folgen.

Neben den schweren Schäden am Mietshaus, den Wohnungen und der Bäckerei mussten fünf Menschen mit teils schweren Rauchgasvergiftungen im Krankenhaus behandelt werden. Durch den dichten Qualm wurde ein Ehepaar, die 42 und 53 Jahre alten Bewohner aus der Wohnung direkt über der Backstube, verletzt; außerdem drei Polizisten, 28 und 29 Jahre alt, die als Erste vor Ort waren und versucht hatten, die Flammen mit den Handfeuerlöschern ihrer Peterwagen zu ersticken.

Die Hitze rund um den brennenden Roller war so stark, dass selbst mindestens drei Meter entfernt geparkte Autos beschädigt wurden. Kunststoffteile wie an den Stoßstangen schmolzen. "Wir wurden in der Nacht um 3 Uhr wach, weil alle Rauchmelder im Haus angingen und es stark nach verbranntem Plastik roch", sagt Till Monshagen, 33, der mit seiner Frau Nina im Nachbarhaus Nummer 7 wohnt. Vom Balkon aus konnten sie sehen, wie die Fassade lichterloh brannte, Polizei und Feuerwehrwagen anrückten. Die umliegenden Wohnungen mussten sofort evakuiert werden. "Wir waren wegen der Gasleitungen in den alten Häusern besorgt."

So wie die Monshagens versammelten sich gestern Vormittag zahlreiche Anwohner vor der Konditorei, um sich den Schaden anzusehen - und der stellvertretenden Geschäftsführerin Britta Meyer ihr Mitgefühl auszusprechen. "Ich wurde nachts von der Polizei über einen leichten Fassadenschaden informiert", sagt die 51-Jährige, die seitdem kein Auge mehr zugetan hat. Als sie an den Tatort kam, sah sie das ganze Ausmaß der Katastrophe: "Wir haben wohl einen Totalschaden, müssen jetzt einen Notfallplan entwerfen."

An der Lutterothstraße wurde bislang der Kuchen gebacken, aus der zweiten Filiale der familiengeführten Konditorei in der Osterstraße 176 - die weiterhin geöffnet ist - kommen Brot und Brötchen. Kollegen, etwa von der Biobäckerei Eichel, helfen nun vorübergehend mit Kuchen und Sahne aus. "Wir haben hier gar nichts mehr, nicht mal mehr einen Schneebesen". Unklar ist, ob auch der Verkaufsraum in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das Geschäft durfte wegen der Ermittlungen noch nicht betreten werden. Ärgerlich: Erst vor einem halben Jahr war die Filiale an der Lutterothstraße renoviert worden. "Fest steht, dass wir ab Montag mit dem Umbau beginnen und trotz des Schadens weiterhin ein kleines Sortiment anbieten werden", sagt Meyer.

Fast zwei Stunden dauerte der Einsatz. Dann zog die Feuerwehr ab, und die Vollsperrung der Lutterothstraße wurde wieder aufgehoben. Die betroffenen Wohnungen können weiter bewohnt, müssen aber renoviert werden. Die drei Polizisten konnten noch in der Nacht das Krankenhaus wieder verlassen. Die beiden Bewohner aber mussten zur Beobachtung stationär aufgenommen werden. Von den Brandstiftern fehlt jede Spur. Hinweise unter Telefon 428 65 67 89.