Gemäldegalerie: Der Maler und frühere Modefotograf Jörg Petersen öffnet am Sonntag seinen Garten für eine Bilderschau der etwas anderen Art.

Hausbruch. Die acht weißen, quadratischen Segel wölben sich leicht in der abendlichen Brise. In dem grünen Garten rund um einen cremefarbenen Holzpavillon oberhalb des Ehestorfer Heuwegs wirken sie irgendwie deplatziert, fast surreal. Doch genau so mag es Maler Jörg Petersen, Jahrgang 1943. Nicht nur weil ihn die Szenerie inspiriert. Auch weil er seine Bilder so auf ungewöhnliche Weise präsentieren kann. Denn exakt dafür hat er die Segelrahmen aufstellen lassen. Am Sonntag soll in seinem Refugium am Rande der Neugrabener Heide Hamburgs erste Gemäldegalerie unter freiem Himmel eröffnen.

"In Hamburg kann man gute Kunst nicht verkaufen, höre ich von Insidern immer wieder. Ich möchte mal testen, ob es stimmt", sagt Petersen. Jeweils zwei Dutzend seiner Werke will er vor die weißen Segel hängen und Kunstliebhaber durch seinen Garten flanieren lassen. Die dann bei Interesse "auktionsähnlich" handeln können. Preise werden sie vergeblich suchen. "Natürlich gibt es Listenpreise", so Petersen. "Aber mich interessiert, was die Käufer überhaupt bereit sind zu zahlen. Alles Weitere wird sich dann schon finden."

Ob seine Idee des "Galerie Garden" verfängt, ist nicht gewiss. Doch das riskiert Petersen gern. Gerade, ausgetretene Wege sind ihm schon immer ein Gräuel gewesen. Das musste schon sein Vater Christian F. R. Petersen akzeptieren. Der namhafte Kieler Architekt, der nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Brücken und Kanalisationsanlagen in ganz Schleswig-Holstein entwarf, hätte gern gesehen, wenn der Sohn in seine Fußstapfen getreten wäre. Doch Jörg Petersen wollte viel lieber Fotograf werden. Also floh er gen Süden und reifte in Stuttgart und München zu einem der gefragtesten Modefotografen Deutschlands. Mit eigener Agentur samt mehrerer Fotostudios.

"Ich wollte es meinem Vater einfach zeigen, das war über viele Jahre meine innere Triebfeder", sagt Petersen. So realisiert er als Erster eine Modekampagne in Nepal. Er jettet mit seinen Models in den 1970- und 80er-Jahren nach Japan und in die Karibik, organisiert Shootings in Nordamerika wie in Südafrika. Petersen: "Die Welt war mein Zuhause. Ich habe Naomi Campbell und Nadja Auermann fotografiert, stand bei allen bedeutenden Modeschauen in London, Paris und New York am Catwalk. Verrückte Zeit. Es gab Tageshonorare von 5000 Mark und von jeder Location eine schöne Postkarte für Papa."

Bis ihm die Reiserei irgendwann zu viel wird. Da zieht es den passionierten Segler Mitte der 90er nach Hamburg. "Elbe und Alster, der große Hafen - genau das Richtige für einen alten Hanseaten wie mich", sagt Petersen. Gereizt hätten ihn aber auch die vielen interessanten und eleganten Menschen der Stadt. Also stampft er 1999 an der Winterhuder Forsmannstraße das Modeloft Getty's aus dem Boden. Draußen hält ein dunkelhäutiger Doorman in echter Uniform der New Yorker Polizei Wache. Und drinnen gibt es Versace-Kostüme und Armani-Anzüge aus brandaktuellen Kollektionen für 500 Mark unter dem Listenpreis.

Hamburgs Promiszene lässt nicht lange auf sich warten. Bei Petersen gehen nicht nur Elisabeth Fürstin von Bismarck und Komponisten-Urenkelin Nike Wagner shoppen. Auch Moderatorin Gabi Bauer und Schauspielerin Tanja Schumann schauen vorbei. Und sei es nur, um sich in echt New Yorker Shopping-Atmosphäre bei einem guten Glas Wein und kleinen Leckereien gepflegtem Small Talk hinzugeben.

Die Idee hatte Petersen aus seiner Zeit im Big Apple mitgebracht. Als er bei Fototerminen auch in diversen Kaufhaus-Lofts von Soho und Greenwich Village fotografierte: "Wo man eben nicht nur einkaufte, sondern sich vor allem zum Quatschen traf." Sechs Jahre funktioniert das auch in Hamburg wunderbar. Bis sich eine deutlich spürbare Konsumunlust breitmacht.

Der Startschuss für einen weiteren Neuanfang. Fortan verlegt er sich darauf, seine Bilder "umzumodeln", wie er es in lässiger Untertreibung formuliert. Denn auch bei der Transformation seiner Fotos in Gemälde beweist der malende Autodidakt erstaunliche Kunstfertigkeit. "Photographie goes Painting" nennt er seine neue Schaffensphase. In der er zum Beispiel eigenen Porträtfotos von Weltstars wie Catherine Deneuve, Bill Clinton oder Sean Connery in Pop-Art à la Andy Warhol einen neuen Anstrich gibt.

Petersen kann aber auch anders, wie die Premiere am Sonntag beweisen wird. Denn längst gelingen ihm auch Bilder im Stil des Realismus und Surrealismus. Sohn Tim, 39, selbst Fotograf mit Wohnsitz New York, findet die x-te Volte des Vaters spannend: "Solange er solche verrückten Einfälle hat, ist wohl alles gut."

Galerie Garden, jeden Sonntag bis Ende Oktober, 11 bis 16 Uhr, August-Schlicka-Weg 5, 21149 HH; um Anmeldung (040/46 09 19 70) wird gebeten.