Seit 20 Jahren im Einsatz: Licht im Schatten setzt sich für suchtkranke Jugendliche ein und ist für renommierten Preis nominiert.

Hamburg. Hastig läuft die Frau durchs Hotelfoyer. Sie zieht einen kleinen giftgrünen Rollkoffer hinter sich her. Extra für diesen Termin ist sie früher aus dem Spreewald zurückgekommen, wo ihr Mann Geburtstag feierte. Sie begrüßt die bereits wartende Damenrunde. Auch sie haben alles andere für diesen Fototermin hintangestellt, schließlich geht es hier um ihr gemeinsames Ziel: Sie wollen suchtkranken Jugendlichen eine zweite Chance geben.

Seit 20 Jahren gibt es den Verein Licht im Schatten. Er unterstützt das Come in! - eine Fachklinik und therapeutische Gemeinschaft zur Entwöhnung, Rehabilition und Reintegration von Jugendlichen - durch Spenden und Patenschaften.

Getragen wird die Einrichtung von Krankenkassen, Jugendbehörden und Sozialämtern. Licht im Schatten stellt Dinge wie Fahrräder, Computer und Instrumente.

Der Vereinsname trägt den Zusatz "16 Hamburger Frauen für suchtkranke Kinder". Das einzige männliche Ehrenmitglied ist Peter Schmidt. Das Erfolgsrezept: Die Damen ergänzen sich perfekt und erreichen zusammen mehr, als jede für sich allein es könnte. Das funktioniert so gut, dass der Verein nun sogar für den renommierten Deutschen Engagementpreis 2012 nominiert ist. Die Mitglieder sagen, warum sie sich engagieren.

Gabriele Gillner, Kulturmanagerin

"Ich hatte in meinem Leben tolle Förderer und möchte jetzt selbst einer sein. Beruflich habe ich oft mit Nachwuchsförderung zu tun und die jungen Leute sind immer sehr kreativ und motiviert. Im Come in! sind die meisten in Sachen Kultur noch grün hinter den Ohren. Ich möchte ihnen Anregungen geben, damit sie etwas finden, wofür sie sich begeistern können."

Gabriele Herlyn, Journalistin

"Meine Kinder waren Teenager, als das Come in! gegründet wurde. Drogen waren natürlich ein Thema - zum Glück für uns eines ohne Konsequenzen. Das hat mich motiviert, Jugendliche, deren Schicksal härter ist, auf dem Weg in ein suchtfreies Leben zu helfen."

Uschi Deppendorf

"Suchtkranke Kinder haben keine Lobby. Das Thema hat einen schlechten Beigeschmack. Am Anfang sagten einige zu mir: 'Dafür engagierst du dich? Das bringt doch nichts.' Ich sage, es bringt sehr wohl was. Jedes Kind, das nach zwei Jahren entlassen wird, ist ein Grund weiterzumachen."

Rita Wildegans, Kunsthistorikerin

"Das Thema Sucht ist mir unheimlich, weil es ganze Familien zerstören kann. Hinzu kommen Dinge wie Beschaffungskriminalität und Prostitution, die oft damit einhergehen. Aber Sachen, die mir Angst machen, muss ich mich entgegenstellen. Wegducken habe ich noch nie gemacht."

Fee Zschocke, Autorin

"Jeder hat eine zweite Chance verdient - manchmal auch eine dritte und vierte, um sich beweisen zu können. Manchmal sind die Umstände gegen einen. Das ist dann schwer - besonders für labile junge Menschen, die glauben, die ganze Welt ist gegen sie. Ich will ihnen zeigen, dass das nicht stimmt."

Angelika Kellinghusen

"Mir liegt besonders am direkten Kontakt mit den Jugendlichen. Ich versuche dabei, auf ihre Wünsche einzugehen. Demnächst soll es zum Beispiel mal zu einem Spiel des FC St. Pauli gehen. Oder wir kochen gemeinsam. Und auch ich habe etwas gelernt: dass man manchmal Geduld haben muss."

Inge Volk, Kulturmanagerin

"Natürlich gibt es auch Rückschläge. Das tut dann richtig weh, weil ich die Jugendlichen richtig ins Herz schließe. Aber wie heißt es im Talmud: Wer immer ein Menschenleben rettet, der rettet damit gleichsam die ganze Welt. Die positiven Fälle motivieren mich."

Beatrice Kretschmer, Lebensberaterin

"Ich bin begeistert von der Idee, im Kreise interessanter Frauen, mit Kultur und Kunst Jugendlichen eine Hoffnung auf Zukunft geben zu können. Wir ergänzen uns prima und unterstützen uns gegenseitig, wenn uns mal etwas runterzieht. Und das spüren die Betroffenen auch.

Hannelore von Reiche, Immobilienmaklerin

"Ich engagiere mich aus Dank für suchtstabile eigene Kinder. Wir haben aber von ihren Bekannten Drogenprobleme mitgekriegt. Ich glaube, es ist wichtig, als Eltern selbst einen verantwortungsvollen Umgang mit Suchtmitteln vorzuleben."

Dagmar Klatten, Malerin

"Sucht war für mich als Mutter damals ein Thema, über das ich mehr wissen wollte. Die Gespräche mit den Jugendlichen haben mich immer sehr berührt und mich in meinem Engagement bestätigt. Es ist furchtbar, was sie erlebt haben - von Missbrauch bis zu drogenabhängigen Eltern. Es beeindruckt mich, dass sie dann noch einen so starken Willen haben, um sich in Behandlung zu begeben."

Astrid Meyer Gossler, Schauspielerin

"Die Jugendlichen sollen gemäß ihren Fähigkeiten und Begabungen mit neuem Selbstbewusstsein ins Leben starten. Gerade Kinder, die sich in Drogen flüchten, wünschen sich häufig in andere Welten. Das ist auch durch Kunst möglich. Und das will ich ihnen zeigen."

Viola Kundrun, Kunsthistorikerin

"Kranken Kindern wendet man sich instinktiv zu - nur von diesen an der Seele kranken Kindern und Jugendlichen wenden sich die meisten ab, obwohl ihr Leben nur durch Zuwendung zu retten ist. Wenn ich erlebt hätte, was den Kindern widerfahren ist, wäre ich vielleicht auch drogenabhängig geworden. Es ist ein Segen, dass ich anders aufwachsen durfte."

Ingeborg Servatius, Autorin

"Als Lehrerin bin ich auf das Thema aufmerksam geworden. Deswegen habe ich 1992 das Buch 'Alex lernt Neinsagen' geschrieben, das bis heute - leider - nicht an Aktualität verloren hat. Die Damen haben mich gebeten, daraus vorzulesen. Ich habe abgelehnt und gesagt: 'Aber wenn ihr was tun wollt, bin ich dabei.' So entstand die Idee zu Licht im Schatten."

Gabriele Schulemann, Marketing-Beraterin

"Ich habe bereits als Teil des Elternrats etwa mit Podiumsdiskussionen das Thema publik gemacht. Ich hatte viel in den Medien darüber gehört und gelesen. Aber der Zugang ist noch mal ein ganz anderer, wenn man persönlich mit Betroffenen spricht. Das sind doch eigentlich aufgeweckte junge Menschen, die unsere Hilfe brauchen."

Imogen Schnippenkoetter-Thomsen, Anästhesistin

"Als Ärztin engagiere ich mich für die Fachklinik Come in!, weil sie Jugendlichen hilft, die von anderen Hilfsangeboten nicht erreicht werden."

Astrid Pinckernelle, Innenarchitektin

"Jugend ist unsere Zukunft. Jugendliche, die im Schatten unserer Gesellschaft stehen, brauchen Chancen."

Die Mitstreiterin Imogen Schnippenkoetter-Thomsen fehlte wegen einer Fernreise beim Fototermin. Auch Astrid Pinckernelle, die krank im Bett lag, wollte unbedingt kommen; ihr Arzt musste ihr abraten. Die Frauen von Licht im Schatten stellen vieles zum Wohl der Jugendlichen aus dem Come in! hintan.