Philipp Sahling ist wahrlich ein “dufter Typ“ und Herr über 20 Parfümerien. Alles begann mit einem Schülerpraktikum an einer Papp-Presse.

Neustadt. Seine Geschichte, sie hört sich nach Fügung, Vorsehung, ja fast schicksalhaft an: Der Werdegang des Hamburgers Philipp Sahling, einem heute 36-Jährigen, der nach einem Schülerpraktikum beim Traditionsunternehmen Albrecht&Dill seine Liebe für Luxusdüfte fand. Doch ganz so war es dann doch nicht, wie Sahling in seinen minimalistisch eingerichteten Büroräumen an den Großen Bleichen anschaulich und heiter erzählt. "Ich stand wochenlang an der Papp-Presse im Lager der Firma in Osdorf", sagt er und rückt sein iPhone zur Seite, "seit ich 14 Jahre alt war, lange Haare und Ohrring trug, habe ich dort für sechs Jahre meine Schulferien verbracht. An der Presse deshalb, weil dort alles vernichtet wurde, was ich schön fand."

In erster Linie die Schaufenstereinrichtung von Chanel-Boutiquen, denn damals hatte Albrecht&Dill neben dem Rohkakao-Handel die alleinigen Rechte für den deutschlandweiten Vertrieb von Beauty-Produkten der Luxusmarke inne. "Ich habe alle Sachen dort mitnehmen können, und mein Jugendzimmer sah hinterher aus wie ein Chanel-Shop." Großformatige Werbeposter an den Wänden, überdimensionale Parfümflaschen und Aufsteller zierten das in Schwarz-Weiß gehaltene Zimmer. Er zeigt ein altes Foto davon auf seinem Handy und lacht. "Meine Eltern dachten, bei mir stimmt was nicht, aber dafür kamen meine Schulfreundinnen umso lieber vorbei." Hier habe sich sein Interesse für Dinge manifestiert, die "niemand außer mir haben konnte".

+++Der Duft der neuen Zeit+++

+++Sahling Düfte gründet Parfum Club Hamburg+++

In Pinneberg aufgewachsen, entwickelte sich Sahling, der heute gemeinsam mit Christoph Kröger die Firma Albrecht&Dill führt und in 20 Sahling-Geschäften 30 seltene Luxusmarken verkauft, früh zum gewieften Verkaufsgenie. "Ich bin unter anderem von der Schule geflogen und zweimal sitzen geblieben, weil ich eine Grauzone erkannt hatte und für Großereignisse wie Autorennen in Monaco oder ein großes Fußballspiel in der Schweiz Karten aufgekauft und vor Ort wieder verkauft hatte", so Sahling. "Dort, beim Handeln auf der Straße, habe ich Dinge gelernt, die mir kein BWL-Studium hätte beibringen können." Schwarzhandel als Schule des Lebens gewissermaßen. Dennoch, Sahling machte mit 20 Jahren in Hamburg sein Abitur und studierte im dualen System BWL.

"Den Kontakt zur Firma hatte ich nach meinen Ferienjobs immer gehalten", so der Unternehmer, "deshalb könnte ich kurz vor dem Ende meines Studiums zu Herrn Kröger gehen und ihm sagen, dass ich gern für ihn arbeiten wolle." Nach der ersten Überraschung bot dieser dem Absolventen an, den Vertrieb für seine edlen Parfümmarken zu übernehmen. Genau zwei waren es. "Ich wurde also als Verkaufsleiter eingestellt, hatte eine Außendienstmitarbeiterin und zwei unbekannte Marken", sagt Sahling und grinst. Erst heute gelten die Labels Annick Goutal und Erno Laszlo zu den etablierten Herstellern. Doch schon damals glaubte er daran, dass es einen Markt für traditionelle Nischenprodukte im Duft- und Kosmetikbereich geben müsse. Dinge, die eben nicht jeder überall erhalten könne. Die in kein Douglas-Regal passen. Er sollte recht behalten.

Jahrelang besuchte er Privatparfümerien, warb für seine Produkte und akquirierte neue Traditionsmarken. Heute, eine Woche und zehn Jahre später, schaut er auf ein stattliches Portfolio, eigene Shops im Look von alten Apotheken und 130 Mitarbeiter. Voller Stolz.

Wenn Sahling beruflich unterwegs ist, über seine Marken spricht, ist er hellwach. "Im Job bin ich voller Adrenalin und froh, wenn ich abends ins Auto steige und nach Hause, nicht in ein Szenerestaurant fahre." Sein Zuhause ist ein altes Reetdachhaus in der Nordheide, hier kocht er für seine langjährige Lebensgefährtin "bodenständige Sachen" wie Rouladen. Und genießt die Stille in seinem Garten. "Aber nicht, dass jetzt ein falscher Eindruck entsteht", wirft er mit erhobenen Händen ein, "ich feiere auch gern mal, nur eben nicht mehr so oft wie früher." Aber für sein Sansibar-Projekt, das er mit den East-Chefs Christoph Strenger und Marc Ciunis in der HafenCity realisiert, trifft er sich liebend gern auf Sylt, und dann wird auch mal mit reichlich Wein gefeiert. Wenn das Bouquet stimmt. (abendblatt.de)