Prominente wie Romy Schneider schätzten die Individualität der Pöseldorfer Garden Hotels - nun sind sie geschlossen und stehen zum Verkauf.

Rotherbaum. Er hat versucht, sich mit dem Gedanken anzufreunden. Ihm positive Seiten abzugewinnen: mehr Freizeit, weniger Verantwortung. Dennoch, der Abschied fällt Reinhard Rudel schwer. Fast 45 Jahre bestimmten die drei weißen Villen der Pöseldorfer Garden Hotels sein Leben, der gesamte Alltag war auf das Wohlergehen der Gäste ausgerichtet. Seit Anfang der Woche nun sind die Türen geschlossen - und bleiben es auch in Zukunft.

"Es ist wie ein unangenehmer Zahnarzt-Besuch", erklärt der 72-Jährige. "Man weiß halt, dass es sein muss, dann tut es nicht mehr so weh." Gemeinsam mit seinem langjährigen Partner Karsten Ruttkamp hat er sich für den Ruhestand und damit für einen Verkauf der Immobilien an eine Wohnungsbaugesellschaft entschlossen, nachdem sich kein passender Nachfolger fand. Am 6. Juni wird das Inventar versteigert. Sie wollten ihr Haus nicht irgendeinem Investor überlassen. Die Philosophie sollte verstanden und fortgeführt werden: Jeder Gast wird hier wie ein Freund behandelt, ohne ihm dabei zu nahe zu treten. "Das ist ein echtes Kunststück. Uns ist es in der Vergangenheit aber meist gut gelungen."

Davon zeugen zumindest unzählige Einträge in den mehrseitigen Gästebüchern. Prominente Namen befinden sich darunter. Die Schriftstellerin Utta Danella etwa mietete sich mehrere Wochen in ein Appartement ein, um an einem Roman zu feilen. Romy Schneider war da, genauso wie Gunter Sachs oder Gene Hackman. Die Bismarcks schauten zum Frühstück vorbei, während Jil Sander, damals noch mit Geschäft in der Milchstraße, ihre Models einquartierte. Sie alle, sagt Rudel, schätzten das private Ambiente. "Künstler sind sensibel und zudem viel unterwegs. Wenn sie bei uns wohnten, war es für viele ein Stück zu Hause." Hier wurden sie vom Hotelchef persönlich begrüßt. Reinhard Rudel nannte jeden beim Namen. Wobei er seinem Gedächtnis manchmal nachhelfen musste. "Ich habe sie mir dann in die linke Handfläche notiert."

Als eine der Ersten besuchte Ruth Maria Kubitschek die Garden Hotels. 1967 war das, als Rudel mit Karsten Ruttkamp gerade die letzten Duschen in den Villen montierte und Möbel vom Sperrmüll zusammensuchte. "Ich bin eigentlich ausgebildeter Maschinenbauer, nur mein Partner hat im Hotel Vier Jahreszeiten gelernt." Doch das Wichtigste in der Hotelbranche sei ohnehin nicht anzutrainieren: das Verständnis für den Gast.

Nicht immer sei es leicht für sie gewesen, räumt Reinhard Rudel ein. "Die Konkurrenz in Hamburg ist riesig. Unser Trumpf waren die Individualität und der Fundus an treuen Besuchern." Doch auch deren Bedürfnisse wandeln sich. Neue Häuser entstehen, mit edlen Designrestaurants und Wellnesstempeln, stilvollen Bars und aufwendigen Dekorationen. "Wir entsprechen wohl nicht mehr dem Zeitgeist. Bei uns wird der Kaffee in der Tasse am Tisch serviert, nicht im Pappbecher in die Hand gedrückt", sagt Reinhard Rudel. Diejenigen aber, die das leicht Antiquierte, den 80er-Jahre-Charme des Hotels liebten, bedauern dessen Schließung. "Mich erreichten bereits Mails von Gästen, die nun nicht mehr wissen, wo sie in der Stadt schlafen sollen."

Er selbst hat viele Pläne für die Zukunft. Sich verstärkt der Gartengestaltung zu widmen etwa, wofür er bereits im Hotel zuständig war. Die Verbindung zu den Häusern, so Rudel, bleibe ohnehin. "Die ist lebenslang."